Wasserstoff (H2), der mit grünem Strom hergestellt wird, ist ein wichtiger Baustein für den weltweiten Klimaschutz. Er gilt als Energieträger der Zukunft und Schlüssel zur Dekarbonisierung. Afrikanische Länder könnten bei der neu entstehenden Wasserstoffwirtschaft eine wichtige Rolle einnehmen.
Bis Wasserstoff in großem Maßstab in Afrika produziert werden kann, wird es noch einige Jahre dauern. Aber gerade jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um sich bei geplanten Vorhaben zu positionieren. Viele afrikanische Länder bieten hervorragende Bedingungen für die Produktion von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien.
Die Anzahl der Wasserstoffprojekte ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Das Interesse an dem Thema wächst, auch bei deutschen Unternehmen. Sie können sich beim Aufbau der gesamten Wertschöpfungskette einbringen, nicht nur bei der eigentlichen Wasserstoffproduktion.
Der dynamische Markthochlauf für grünen Wasserstoff verspricht gerade für afrikanische Staaten große wirtschaftliche Chancen – in der lokalen Anwendung und im Export. Um diese voll nutzen zu können, müssen sie jedoch noch einige Herausforderungen meistern.
Benedict Hartmann Wasserstoffexperte bei Germany Trade & Invest
Ideale Voraussetzungen für Wasserstoffprojekte
Viel Sonne, viel Wind, viel Platz – der afrikanische Kontinent ist prädestiniert dafür, in großem Maßstab erneuerbare Energien zu erzeugen. Sie sind die Voraussetzung für die Produktion von grünem Wasserstoff: Wasser wird dabei mittels Elektrolyse in die Elemente Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt.
Von den zehn Ländern mit der weltweit höchsten Sonneneinstrahlung liegen sechs in Afrika. Besonders häufig scheint die Sonne in Namibia, im Sudan, in Niger, im Tschad, in Ägypten und in Libyen.
Beim Wind sticht Afrika zwar weniger heraus. Doch in Ländern wie dem Tschad, dem Sudan und in Küstenstaaten wie Mauretanien und Marokko lässt sich gut Windenergie erzeugen. Dort ist die mittlere Windgeschwindigkeit in den windigsten Gebieten höher als in Deutschland.
Flächenländer wie Namibia, Mauretanien oder Algerien verfügen zudem über große Gebiete mit wenig bis gar keinen Einwohnern. Afrikas Bevölkerungsdichte lag 2021 bei 47 Einwohnern pro Quadratkilometer, in der EU kamen 112 Einwohner auf die gleiche Fläche.
Quelle: Weltbank 2023
In Afrika lässt sich Wasserstoff günstig produzieren
Das Besondere an Afrika ist die Kombination dieser drei Faktoren an einem Standort: Solarenergie kann Elektrolyseure bei Tag betreiben, Windenergie bei Nacht, und auf freien Flächen können große Anlagen entstehen.
Mit diesen Voraussetzungen könnten afrikanische Länder grünen Wasserstoff günstig und in großem Stil herstellen. Laut IRENA, der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien, haben Afrika und der Nahe Osten hierfür weltweit die besten Voraussetzungen.
Wasserstoffprojekte in Afrika
Auch wenn bisher erst wenige finale Investitionsentscheidungen getroffen wurden, planen immer mehr Unternehmen Wasserstoffprojekte in Afrika. Diese lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen: kleinere Vorhaben für einen lokalen Anwendungszweck und große Projekte mit einer ausdrücklichen Exportorientierung.
Lokale Anwendungen und Export
Projekte mit lokalem Anwendungszweck sind am ehesten in weiter entwickelten Volkswirtschaften wie Südafrika und Kenia zu erwarten. Anwendungsfelder können etwa die Düngemittelproduktion und Kraftstoffe für Fahrzeuge im Bergbau sein.
Projekte mit Exportorientierung dürften am ehesten dort umgesetzt werden, wo der Platz für erneuerbare Energien groß, der lokale Bedarf an Wasserstoff aber eher klein ist. Dies betrifft zum Beispiel Länder wie Mauretanien und Namibia.
Auch Wasserstoffderivate wie Methan und Ammoniak könnten attraktive Exportgüter werden. Etliche Großprojekte in Planung zielen genau darauf ab. Klar ist aber auch: Afrikanische Staaten setzen große Hoffnungen auf lokale Wertschöpfung und auf neue Jobs beim erhofften Boom der Wasserstoffwirtschaft.
Projektbeispiele
Verschiedene afrikanische Länder haben bereits konkrete Projekte für grünen Wasserstoff und dessen Derivate geplant. Diese befinden sich in unterschiedlichen Stadien der Umsetzung. Einen Überblick über die Bandbreite der Vorhaben geben die folgenden Beispiele:
Geplante Produktion
Das Beratungsunternehmen Rystad Energy hat errechnet, dass in Afrika im Jahr 2035 etwa 7,2 Millionen Tonnen grüner Wasserstoff produziert werden könnten – vorausgesetzt, alle geplanten Projekte werden auch realisiert. Zum Vergleich: In Deutschland rechnet man mit einem Wasserstoffbedarf von etwa 10 Millionen Tonnen im Jahr 2050. Davon muss voraussichtlich die Hälfte importiert werden.
Chancen für deutsche Unternehmen
Entlang der gesamten H2-Wertschöpfungskette bieten sich Chancen für deutsche Unternehmen: von der Produktion über den Transport bis hin zur Anwendung. Selbst für die Wasserstoffproduktion braucht es weit mehr als Wasser und Elektrolyseure. Gefragt sind zudem Messtechnik, Ventile, Kompressoren und viele weitere technische Geräte.
Die Projekteigner kaufen nicht nur Bau- und Lieferleistungen ein. Auch Beratungsaufträge werden vergeben, etwa für Machbarkeitsstudien oder zur Unterstützung bei der Strategieentwicklung. Hinzu kommen Aspekte wie Ausbildung und Finanzierung, bei denen ebenfalls Know-how gefragt ist.
Spektrum der H2-Wertschöpfungskette
Quelle: Recherche von Germany Trade & Invest
Herausforderungen für die Wasserstoffwirtschaft
Damit afrikanische Länder die Chancen der Wasserstoffwirtschaft voll ausnutzen können, müssen allerdings noch einige Hürden überwunden werden. Der Aufbau der erneuerbaren Energien (EE) muss schneller gehen. Hier gibt es Nachholbedarf gegenüber anderen Regionen auf der Welt.
Die Africa Green Hydrogen Alliance (AGHA), ein Zusammenschluss von acht afrikanischen Staaten, sieht das Potenzial, bis zum Jahr 2050 eine installierte Kapazität von 975 Gigawatt an erneuerbaren Energien aufzubauen. Dafür wäre allerdings eine Investitionssumme in Höhe von etwa 900 Milliarden Euro notwendig.
Afrika hat Aufholbedarf beim Ausbau von erneuerbaren Energien
Die noch junge Wasserstoffwirtschaft steht weltweit vor ähnlichen Herausforderungen. Ein Hemmschuh ist die unklare Nachfrageseite: Prognosen sagen einen hohen Bedarf voraus, vertraglich vereinbart ist bisher noch wenig. Hinzu kommt der regulatorische Rahmen, der in vielen Ländern noch entwickelt werden muss. Auch ist die Zulieferindustrie noch nicht so aufgestellt, um alle geplanten Wasserstoffprojekte schnell bedienen zu können. Im Ergebnis ist die Produktion von grünem Wasserstoff heute noch sehr teuer.
Für viele afrikanische Länder nennen Unternehmen allerdings zusätzliche Barrieren: schwierigere Finanzierungsbedingungen, fehlende politische und wirtschaftliche Stabilität sowie großen Nachholbedarf bei der (Energie-)Infrastruktur. Außerdem fehlt bei etlichen Projekten eine lokale Nutzung des Wasserstoffs und seiner Derivate.
Unterstützungs- und Beratungsangebote
Unternehmen, die sich an Wasserstoffprojekten in Afrika beteiligen möchten, können eine ganze Bandbreite an Förderprogrammen nutzen. Die Bundesregierung unterstützt den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft auf vielfältige Weise: von Forschung und Entwicklung über Investitionen bis hin zum wirtschaftlichen Umfeld.
Neben den ausgewählten Förderprogrammen gibt es diverse Plattformen, die weitergehende Informationen und Beratung zu verschiedenen Aspekten der Wasserstoffwirtschaft bieten.
Weitere Informationen
Nationale Wasserstoffstrategien geben Anhaltspunkte für weitere Entwicklungen. Folgende afrikanische Länder haben Strategien verabschiedet: Marokko (2021), Südafrika (2021), Namibia (2022) und Algerien (2023). |
Januar 2024 | Autoren: Laura Sundermann und Friedrich Henle