Am 31. August 2022 fand das 12. Partnertreffen des Wirtschaftsnetzwerks Afrika im Eichensaal des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) statt.
Mit dem Wirtschaftsnetzwerk Afrika unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) seit 2019 deutsche Unternehmen, die in Afrika wirtschaftlich aktiv werden wollen. Im Interview berichtet Claudia Feyzi Shandi, Leiterin der Geschäftsstelle des Wirtschaftsnetzwerks Afrika, über die Schwerpunkte, Erfolge und Herausforderungen ihrer Arbeit – und was Unternehmen und Partner des Wirtschaftsnetzwerks im neuen Jahr erwartet.
Frau Feyzi Shandi, was macht das Wirtschaftsnetzwerk Afrika und welche Rolle haben Sie als Leiterin der Geschäftsstelle mit Ihrem Team?
Eine wachsende Mittelschicht, steigende Kaufkraft, sich dynamisch entwickelnde Märkte: Afrika birgt viel Potenzial. Das BMWK unterstützt mit dem Wirtschaftsnetzwerk Afrika deutsche Unternehmen, dieses Potenzial zu nutzen. Als Geschäftsstelle sind wir zentrale Anlaufstelle für deutsche Unternehmen, die in Afrika aktiv werden wollen. Wir koordinieren das umfassende Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangebot und begleiten Unternehmen auf ihrem Weg nach Afrika. Gleichzeitig bringen wir die Partner des Wirtschaftsnetzwerks und weitere relevante Akteure mit Afrika-Fokus zusammen.
Bedarfsgerechte Angebote für Unternehmen
Wie unterstützen Sie und Ihr Team in der Geschäftsstelle Unternehmen bei ihren Vorhaben in Afrika?
Unsere Afrika-Partnerinnen und -Partner stehen Unternehmen während des gesamten Markteinstiegs als persönliche Ansprechpersonen zur Verfügung. Sie begleiten bereits über 340 Unternehmen von der Projektidee bis zum Markteintritt und informieren über passgenaue Unterstützungsangebote. Je nach Anliegen leiten sie an die kostenlose Erstberatung des IHK-Netzwerkbüros Afrika zur Außenwirtschaftsförderung und die Agentur für Wirtschaft & Entwicklung zur Entwicklungszusammenarbeit weiter. Während des weiteren Markteintritts stehen die Afrika-Partnerinnen und -Partner für Rückfragen der Unternehmen zur Verfügung. Haben die Unternehmen noch keinen Zielmarkt identifiziert, geben die Länder- und Branchenseiten des Africa Business Guide eine erste Orientierung.
Wir informieren auch über die zusätzlichen Angebote des Wirtschaftsnetzwerks zum Markteinstieg, wie die lokalen Branchenexperten an ausgewählten Auslandshandelskammern, die Geschäftsopportunitäten in aussichtsreichen Sektoren identifizieren, oder die Beratungsgutscheine Afrika. Mit diesen können kleine und mittelständische Unternehmen Zuwendungen von 75 Prozent für vertiefte Beratung zu ihren Geschäftsvorhaben erhalten. Derzeit führen wir auch zwei Verbundprojekte durch, in denen Unternehmen gemeinsam einen Markt erschließen – für das Verbundprojekt zu Abfall- und Recycling in Ghana ist die Anmeldung noch möglich.
Wie haben Sie das Afrika-Engagement von Unternehmen seit Beginn des Wirtschaftsnetzwerks Afrika in 2019 erlebt?
Die letzten Jahre waren von enormen Herausforderungen geprägt. Viele Unternehmen waren mit Anpassungen an die Pandemie beschäftigt und hatten Afrika nicht im Blick. Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und seinen Folgen zum Beispiel auf die Energieversorgung scheinen Unternehmen teilweise zurückhaltender in Bezug auf den Markteinstieg in Afrika. Dennoch sind wir mit der Reichweite unserer Angebote zufrieden: Seit 2019 haben knapp 900 Unternehmen unsere Unterstützungsangebote genutzt, davon rund 170 Unternehmen mehr als einmal. Einige haben bereits konkrete Schritte zum Markteinstieg unternommen. Uns sind unter anderem strategische Partnerschaften, Joint Ventures mit lokalen Unternehmen, die Gründung von Niederlassungen und die Einführung einer Lebensmittelmarke bekannt. Als Zielmärkte waren insbesondere Ghana, Äthiopien, Nigeria, Südafrika, Senegal und Kenia interessant.
Zielgerichtete Unterstützung auch für Nischenmärkte
Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit den Beratungsgutscheinen Afrika?
Die Rückmeldungen auf die Beratungsgutscheine Afrika sind sehr gut: Sie können ja branchenübergreifend für vertiefte, umfassende Beratung zu Geschäftsvorhaben in allen 54 afrikanischen Ländern eingesetzt werden. Die Unternehmen halten die Beantragung für schnell und unbürokratisch. Die steigende Nachfrage macht deutlich, dass durchaus auch Interesse an Nischenmärkten wie zum Beispiel Kamerun, Simbabwe, Mali, Guinea und D.R. Kongo besteht. Dass Unternehmen nach abgeschlossenen Beratungen bereits weitere Gutscheine beantragt haben, zeigt die Zufriedenheit mit dem Programm.
Beraten Sie auch vor Ort in Afrika?
Nein, die Geschäftsstelle ist in Berlin ansässig. Aber wir verweisen natürlich auch an Ansprechpartner vor Ort wie die deutschen Auslandshandelskammern und Delegationen der Deutschen Wirtschaft in Afrika. Sie sind auch Organisationen, deren Beratung über die Beratungsgutscheine Afrika gefördert werden kann, ebenso wie die anderer Beratungsunternehmen und -organisationen in Deutschland und in afrikanischen Ländern.
Starke Partner, starkes Netzwerk
Wer sind die Partner im Wirtschaftsnetzwerk Afrika und wie organisieren Sie deren Vernetzung?
Unsere mittlerweile über fünfzig Partner im Wirtschaftsnetzwerk sind Institutionen der deutschen Außenwirtschaftsförderung und der Entwicklungszusammenarbeit, Ressorts der Bundesregierung, Vereine und Fachverbände mit Afrika-Expertise sowie Wirtschaftsfördergesellschaften der Länder. Wir möchten den Partnern eine Plattform zur Vernetzung und zum Austausch bieten, zum Beispiel über unsere vierteljährlichen Partnertreffen und Fokusgruppen-Treffen zu ausgewählten Themen. Dadurch können sie sich über die Angebote für Unternehmen informieren und ihre Erfahrungen und Ideen für zusätzliche Angebote einbringen. Insgesamt haben wir bisher knapp 30 Netzwerkveranstaltungen mit über 1.700 Teilnehmenden durchgeführt.
Können auch Unternehmen an den Netzwerkveranstaltungen teilnehmen?
Inzwischen haben wir unsere Fokusgruppen-Treffen für Mitgliedsunternehmen unserer Partner geöffnet. 2023 erweitern wir den Teilnehmerkreis auf alle Afrika-interessierten Unternehmen. Informationen zu den Veranstaltungen stellen wir auf dem Africa Business Guide ein.
Wie sehen Sie die künftigen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Afrika?
Ich bin überzeugt, dass die Bedeutung Afrikas als Partnerkontinent der deutschen Wirtschaft mittel- bis langfristig zunehmen wird. Unternehmen zögern zwar oft noch, sich vor Ort zu engagieren. Da sie aber wegen der aktuellen Herausforderungen mit gestörten Lieferketten vor allem aus Asien zu kämpfen haben, rückt Afrika stärker in den Fokus. Umgekehrt ist "made in Germany" in afrikanischen Ländern sehr gefragt. Ich wünsche mir, dass wir eine wirtschaftlich nachhaltige Brücke zwischen "made in Germany" und "made in Africa" schlagen können. Dies kann gelingen, wenn sich hiesige Unternehmen stärker auf die Potenziale der afrikanischen Märkte fokussieren.
Was können wir in den nächsten Monaten vom Wirtschaftsnetzwerk Afrika erwarten?
Wir haben einiges vor: Wir wollen das Angebot zusätzlicher Außenwirtschaftsförderung erweitern. Unter anderem denke ich an zusätzliche Branchenexpertinnen und Branchenexperten an weiteren Standorten und sektor- und regionalspezifische Angebote. In unseren Fokusgruppen-Treffen möchten wir weiter aktuelle Themen für Unternehmen in Afrika aufgreifen. Melden Sie sich gerne in der Geschäftsstelle oder folgen Sie uns auf LinkedIn, um über unsere Neuigkeiten informiert zu bleiben.
Das Interview führte Sabine Huth von Germany Trade & Invest im Dezember 2022.
Weitere Informationen
|