Noch leben in Afrika mehr Menschen auf dem Land als in der Stadt. Bis zum Jahr 2040 wird sich das Verhältnis umgekehrt haben. Geschätzt eine Milliarde Afrikaner wird dann in Städten leben. Die afrikanischen Metropolen wachsen und mit ihnen die Geschäftsmöglichkeiten.
Städte kurbeln Afrikas Wirtschaftswachstum an
Die Bevölkerung in Afrikas Städten wächst bis 2040 auf über 1 Milliarde Menschen.
Urbanisierung ist laut der Weltbank die wichtigste Transformationskraft für den Kontinent. In Städten leben viele Menschen dicht beieinander, und es gibt eine hohe Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen. Das hat Vorteile: Angebote lassen sich günstiger bereitstellen als auf dem Land und die Logistik gestaltet sich einfacher. Zudem sind Städte Hotspots für Kreativität, Innovation und Produktivität.
Afrikas Ballungszentren sind laut den Vereinten Nationen bevorzugte Ziele für ausländische Direktinvestitionen. Allein der Großraum Lagos erwirtschaftet mehr als ein Staat wie Kenia. Damit sind Städte ein guter Ausgangspunkt, um wirtschaftliches Wachstum auf dem gesamten Kontinent voranzutreiben. Auf dem Weg dahin gibt es viel zu tun, vor allem was die urbane Infrastruktur betrifft. Hier ist das Know-how deutscher Unternehmen gefragt – bei Lösungen für Transport, Bau, Wasser und Abfall sowie Energie.
Megacities in Afrika; Quelle: World Urbanization Prospects: The 2018 Revision der Vereinten Nationen
Neue Verkehrslösungen für urbane Zentren
Informelle Minibusse und Motorrad-Taxis sind gängige Transportmittel in afrikanischen Städten. Die Verkehrsnetze sind schlecht, die Preise hoch, und die meisten Einwohner legen ihre Wege zu Fuß zurück. Vielfach ist die Infrastruktur nicht im Tempo der Städte mitgewachsen.
3,5 Millionen Fahrgäste nutzen schon jetzt die Metro in Kairo täglich.
Doch in Afrikas Metropolen bewegt sich etwas. Seit 2015 fährt durch Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba eine moderne Stadtbahn – mit chinesischer Technik. In Kairo ist das deutsche Unternehmen Herrenknecht als Tiefbauspezialist beim U-Bahn-Bau beteiligt. Das österreichische Bauunternehmen Strabag entwickelte ein nachhaltiges Transportkonzept für Dar es Salaam mit eigenen Fahrspuren für Busse. Weitere afrikanische Großstädte wie Nairobi, Abidjan und Dakar führen ähnliche Schnellbussysteme ein.
Auch digitale Lösungen können helfen, Verkehrsengpässe zu beheben. Ein Beispiel liefert Kenias Hauptstadt Nairobi, die jüngst als innovativste Stadt in Afrika ausgezeichnet wurde. Hier nutzen Tech-Start-Ups den Input der Gemeinschaft zu Staus, Unfällen sowie Radarkontrollen und entwickeln Apps, die den Verkehrsfluss verbessern. Solche Projekte verändern das Leben in Städten und ziehen Investoren an.
Quelle: Germany Trade & Invest
Bauprojekte in Afrika suchen private Investoren
Afrikas wachsende Städte brauchen dringend bezahlbaren Wohnraum und Gewerbeflächen. Private Investoren kurbeln den Bau von Wohnungen, Hotels, Büros und Einkaufszentren an. Staatliche Infrastrukturvorhaben sind schwerer umzusetzen, weil die finanziellen Mittel für Großprojekte den afrikanischen Staaten häufig fehlen. Deshalb versuchen sie, Finanzierungslücken mit Geldern von internationalen Gebern zu schließen.
Eine weitere Lösung für Projekte ist der Schulterschluss mit privaten Investoren in Public-private-Partnerships (PPPs). Ein Beispiel: 2017 kaufte Qatar Airways 60 Prozent des Flughafens Bugesera in Ruanda. Er soll ab 2022 den alten Hauptstadtflughafen Kigali ersetzen. Die Kosten für den neuen Airport betragen 1,3 Milliarden US-Dollar.
Chinesische Firmen sind besonders stark in Afrikas Bausektor vertreten. Deutsche Unternehmen und Beratungsdienstleister haben dennoch gute Chancen. Dies bestätigt Mikko Gastager von der Firma Bauer: „Bei großen und technisch herausfordernden Infrastrukturprojekten arbeiten wir auch oft für chinesische (Staats-)Unternehmen, da diese […] deutsche Ingenieurskunst, Qualität und Zuverlässigkeit durchaus schätzen.“
Moderne Wassernetze und Abfallsysteme für Afrikas Städte
Toiletten, Aufbereitungsanlagen, Rohre und Leitungen – der Bedarf für eine funktionierende Wasserversorgung ist gerade in den wachsenden Ballungsräumen enorm. Hier verabschieden Staaten wie Südafrika Aktionspläne, um in den Städten neue Projekte auf den Weg zu bringen. Dabei geht es unter anderem um Lösungen zur Wiederverwertung von Wasser, Wasserentsalzung und Abwasseraufbereitung. Deutschland ist im Wassersektor traditionell gut aufgestellt und deutsche Technik ist gefragt. Die gute Nachricht: Zahlreiche internationale Geber engagieren sich in diesem Bereich und sorgen für ausreichende Finanzierung.
Quelle: Germany Trade & Invest
Die Müllberge in Afrikas Städten wachsen: Nicht nur die Einwohnerzahl steigt, sondern auch die Verwendung von Plastik und Kunststoffverpackung. Die städtische Müllentsorgung ist meist hoffnungslos überfordert, der Abfall gelangt bestenfalls ungetrennt auf die nächste Deponie. Deshalb gehen Afrikas Städte das Thema nun verstärkt an. Sie bauen Müllverwertungsanlagen, bestellen neue Fahrzeuge für die Entsorgung und arbeiten an effizienten Recyclingmodellen.
In Subsahara-Afrika beträgt der Anteil organischer Abfälle an Siedlungsabfällen rund 60 Prozent, noch werden diese allerdings kaum recycelt. Dabei könnten aus dem Müll Strom und Wärme gewonnen werden – etwa durch Waste-to-Energy-Anlagen (WTE). Solche Schritte in Richtung einer lokalen Kreislaufwirtschaft sind für Afrikas Städte nicht nur „nice to have“, sondern absolut notwendig, wie der Investitionsbericht des African Centre for Cities betont. Entwicklungsbanken unterstützen private Investitionen in städtische Abfallentsorgung und Recyclingvorhaben. Hier gibt es viel Potenzial, das Unternehmen ausschöpfen können.
Unterstützung für deutsche UnternehmenGerman Water Partnership vereint als einziges Netzwerk der international ausgerichteten deutschen Wasserbranche rund 350 Unternehmen. Seit Januar 2021 ist es mit einem Büro in Côte d’Ivoire vertreten. Zudem unterstützt ein BMWK-Branchenexperte Unternehmen in Ägypten. German RETech Partnership ist das Netzwerk deutscher Unternehmen und Institutionen der Entsorgungs- und Recyclingbranche für den Export von innovativen Technologien und für den Know-how-Transfer. |
Solargestützte Inselnetze mit großem Potenzial
Die Stromversorgung in Afrikas Städten sollte eigentlich kein Problem sein. So ist Addis Abeba zu 99 Prozent ans Stromnetz angeschlossen. Dennoch kommt es zu starken Stromschwankungen und wiederkehrenden Stromausfällen, die negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung haben.
Vielerorts fehlt es immer noch an Großkraftwerken, um dem wachsenden Bedarf der städtischen Bevölkerung und Wirtschaft gerecht zu werden. Beschädigte Stromnetze behindern die Stromversorgung – ein Manko, das die afrikanischen Regierungen durch private Investitionen in Kraftwerke beheben wollen. Doch der Ausbau von Stromnetzen ist teuer und zeitintensiv. Daher werden vor allem in Städten dezentrale Solarlösungen immer beliebter. In Accra zum Beispiel speisen private Fotovoltaik-Anlagen überschüssigen Strom in das öffentliche Netz ein.
Unterstützung für deutsche UnternehmenDie Exportinitiative Energie unterstützt deutsche Anbieter von klimafreundlichen Energielösungen dabei, Auslandsmärkte zu erschließen. Das Angebot richtet sich insbesondere an kleine und mittelständische Unternehmen und unterstützt Teilnehmer durch Maßnahmen zur Marktvorbereitung sowie bei der Marktsondierung, -erschließung und -sicherung. |
Beteiligungschancen im Ausbau der städtischen Infrastruktur gibt es zuhauf, ob bei großen Kraftwerksprojekten oder im Bereich der erneuerbaren Energien. Schnell sein lohnt sich: Unternehmen, die diese Chancen heute erkennen, erwartet morgen ein großer und dynamischer Markt.
Mai 2021 | Autor: Dr. Felix Guntermann
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