Wer in der afrikanischen Baubranche Geschäfte machen will, muss sich der Konkurrenz aus China stellen – oder gemeinsame Sache machen. Wie deutsche Zulieferer den Zuschlag bekommen.
Knapp 500 Kilometer liegen das ghanaische Accra und das nigerianische Lagos auseinander. Für grenzüberschreitenden Handel eigentlich ein Katzensprung – wären da nicht die maroden Straßen. Wer Ware von einer Küstenstadt in die andere liefern will, nimmt daher oft lieber den Seeweg. Und auch in anderen Teilen des Kontinents ist die veraltete oder schlecht ausgebaute Infrastruktur eine Herausforderung. Kein Wunder also, dass Afrikas schlechte Infrastruktur als eines der größten Handelshemmnisse auf dem Kontinent gilt und mitunter auch ausländische Unternehmen abschreckt.
Chinesische Baufirmen als Kunden gewinnen
Doch die Not birgt eine Chance: Die Anzahl an Bauprojekten ist immens, und internationales Know-how ist gefragt. Die Absatzaussichten haben längst das Interesse deutscher Unternehmen geweckt, doch verstanden hat den Markt vor allem die Konkurrenz aus China. Ist etwa in Kenia ein Hochhaus oder eine Schnellstraße geplant, kommt die Hälfte der Bewerber für die Projektausführung mittlerweile aus dem ostasiatischen Land. Kenia ist kein Einzelfall, China ist in der Baubranche auf dem kompletten Kontinent präsent. Mehr als 200 staatliche chinesische Unternehmen sind in Afrika aktiv, hinzu kommen dutzende private.
75 Prozent der chinesischen Auftragnehmer in Afrika bekommen ihr Kapital aus nicht-chinesischen Quellen, wie afrikanische Behörden, Privatinvestoren und Entwicklungsbanken.
Chinesische Bauherren kaufen derweil am liebsten bei ihren Landsleuten – deutsche und europäische Zulieferer haben meist das Nachsehen. Zulieferer sollten angesichts der harten Konkurrenz allerdings nicht zu früh den Kopf in den Sand stecken: "Es mag ja sein, dass Chinesen 90 Prozent oder mehr zu Hause kaufen", sagt ein Vertriebsmitarbeiter des deutschen Betonpumpenherstellers Putzmeister. "Aber der Rest ist bei dem Umfang ihrer Afrikaaktivitäten immer noch so viel, dass man dumm wäre, das links liegenzulassen."
Wichtige chinesische Akteure im afrikanischen Bausektor sind u.a. die China State Construction Engineering Corporation (CCCC), die China Road and Bridge Corporation (CRB) und die China Civil Engineering Construction Corporation (CCECC). |
Präsenz zeigen und Kontakte pflegen
Dennoch macht sich aufgrund der Dominanz der chinesischen Zulieferer bei vielen deutschen und europäischen Firmen Frust breit. "Viele sind ratlos", sagt Ulrich Binkert, Wirtschaftsexperte für den Bereich Afrika/Nahost bei Germany Trade & Invest (GTAI). Er hat eine klare Empfehlung, damit aus dem Frust Erfolg wird: Klinken putzen! Wer bei den Chinesen landen will, muss Präsenz zeigen und Kontakte pflegen – zu den Vertretern in Afrika oder den Entscheidungsträgern in den Firmenzentralen in China.
Wer in Afrikas Bausektor an Chinesen verkaufen will, muss Klinken putzen!"
Ulrich Binkert Wirtschaftsexperte für Afrika bei Germany Trade & Invest (GTAI)
Binkert und seine Kollegen bei GTAI haben die Studie "China baut in Afrika" herausgegeben, in der sie das chinesische Engagement im afrikanischen Bausektor unter die Lupe nehmen und Tipps für Zuliefermöglichkeiten geben. Als wichtigste Kundengruppe sehen sie staatliche chinesische Unternehmen, die natürlich auf den Preis von Material und Maschinen schauen, aber eben auch auf Qualität. Häufig haben staatliche Firmen eine höhere Projektfinanzierung im Rücken als private Konkurrenten und können sich so vergleichsweise teurere Zulieferer leisten.
Chancenreiche Kooperationen ergeben sich zudem meist bei großen Infrastrukturprojekten. So setzt das staatliche Bauunternehmen China Road and Bridge (CRB) in Kenia auf Walzen der Wirtgen-Tochter Hamm. Und: Beim Bau der Bahnlinie von Mombasa nach Nairobi kam rund ein Fünftel der eingesetzten Bagger von Liebherr – 50 Fahrzeuge hat der deutsche Baumaschinenhersteller an CRB geliefert.
Liebherr ist in sieben afrikanischen Ländern mit Vertriebs- und Servicegesellschaften vertreten. "Grundsätzlich nehmen die Kontakte zu chinesischen Unternehmen in Afrika zu", sagt ein Sprecher. Um ins Geschäft zu kommen, müssten die Beziehungen aber bis zu den Muttergesellschaften nach China reichen. "Es ist extrem selten, dass chinesische Firmen direkt in Afrika einkaufen. Entscheidungen werden häufig durch zentrale Einkaufsabteilungen getroffen. Die lokalen Einheiten chinesischer Unternehmen haben dagegen meist geringe Entscheidungsspielräume."
Chinesische Mitarbeiter ins Team holen
Auch die GTAI-Studie bestätigt, dass die Unternehmenszentralen in China beim Einkauf von Baumaschinen meist das entscheidende letzte Wort haben. Anders sieht es bei Baumaterialien aus: Bei diesen günstigeren Einzelposten reden die Projektteams im Gastland regelmäßig mit. Zudem sind Akteure vor Ort die schnellere Lösung. So können Unternehmen mit eigenen Repräsentanzen ihren Absatz ankurbeln.
Chancen haben deutsche Zulieferer vor allem bei jenen Projekten, die US-amerikanische oder europäische Normen verlangen. Denn mit diesen Vorgaben können die meisten chinesischen Materialhersteller nicht mithalten. Da Zement und Stahl das höchste Absatzpotenzial bei den Chinesen bieten, beschäftigen viele europäische Unternehmen aus dem Segment im Bauboom-Land Kenia mittlerweile chinesische Vertriebsmitarbeiter.
Vertriebs-Tipp: Wer chinesische Vertriebsmitarbeiter sucht, wird zum Beispiel auf Messen fündig. Etwa auf der Baumesse "The Big 5 Construct", die im November in der kenianischen Hauptstadt Nairobi stattfindet. Hier lassen sich auch weitere nützliche Kontakte knüpfen. |
Es lohnt sich, auf chinesische Kollegen in den eigenen Reihen zu setzen. Denn für Kooperationen mit der Konkurrenz aus Fernost haben sich Landeskenntnisse, kulturelle Sensibilität und Sprachwissen als wichtige Türöffner entpuppt. "Die Zusammenarbeit mit Entscheidungsträgern in China ist dann erfolgversprechend, wenn ein Vertrauensverhältnis etabliert und nachhaltig gepflegt wird", heißt es auch bei Liebherr.
Studie "China baut in Afrika"
Sie wollen mehr über Chinas Engagement im afrikanischen Bausektor wissen? Die Studie „China baut in Afrika“ untersucht, wie chinesische Bauunternehmen in Afrika vorgehen und wie sie Ausrüstungen und Materialien beschaffen. Wie funktionieren Entscheidungswege, Auftragsvergabe und Vertrieb? Chinesische Einkaufsmanager und Unternehmenschefs in Kenia geben Antworten auf diese und andere Fragen deutscher Anbieter. Dazu enthält die Studie auch Erfahrungsberichte und Eindrücke von einer chinesischen Baustelle in Afrika.
Hier geht es zum kostenlosen Download der Studie „China baut in Afrika“
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