Güterzüge in Palapye, Botswana
Bei der Finanzierung von Geschäften in Afrika ist immer wieder die Klage zu hören, die deutschen Behörden würden „ihre“ Unternehmen weniger stark unterstützen als Regierungen aus konkurrierenden Staaten. Bei den Ausfuhren auf den Nachbarkontinent stehen dabei die Exportkreditversicherungen im Blickpunkt. Bevorteilen manche Staaten mit ihren Exportkreditversicherungen (Export Credit Agencies, ECAs) tatsächlich ihre eigenen Unternehmen und verzerren so den Wettbewerb?
Ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten aus deutscher Perspektive. Erfahren Sie mehr über Kosten und Angebote internationaler ECAs und warum ein Vergleich schwierig ist.
Risiko von Land und Importeur bestimmt Preis der Absicherung
Auf welcher Basis bemisst eine Exportkreditversicherung (ECA) die Prämie?
Der Preis für die Absicherung eines Exportkredits hängt von zwei Faktoren ab:
Erster Faktor ist das Länderrisiko, das von der OECD festgelegt wird – dem Club der Industrieländer. Die Absicherung eines Geschäfts mit Äthiopien (Stufe 7) ist also teurer als die mit Marokko (Stufe 3).
Zweiter Faktor ist das Unternehmensrisiko des Bestellers. Das ist der Partner des Exporteurs, im Normalfall also dessen Kunde. Die in Deutschland mit der Abwicklung der Deckung betraute Euler Hermes AG bemisst dieses Unternehmensrisiko nach sechs Klassen, von CC0 (beste Bonität) bis CC5 (geringste Bonität). Unter Berücksichtigung der Kreditlaufzeit ergibt sich daraus die Prämie als fester Prozentsatz der abgesicherten Summe.
Bieten ECAs einzelner Länder ihren Kunden bessere Konditionen?
Grundsätzlich sind die Leistungen vergleichbar. Zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen gibt die OECD hierfür einen Rahmen vor, der die ECAs zu einer Einheitlichkeit bei Angebotsausgestaltung und Handlungsprinzipien anhält. Dabei handelt es sich allerdings um ein "Gentlemen's Agreement", das nicht bindend ist. In der Praxis gibt es laut Beobachtern Graubereiche und landesspezifische Abweichungen. Für alle ECAs gleich sind die Länderrisikokategorien und ebenso die Mindestprämien, die mit diesen Kategorien verbunden sind.
Wo haben ECAs bei ihren Gebühren und Konditionen Spielraum?
Jede ECA kann nach eigenem Ermessen höhere Prämien für die Absicherung von Exportkrediten festlegen, so Brancheninformationen. Die meisten der ECAs, dazu gehören auch die Exportkreditgarantien des Bundes (Hermesdeckungen), nutzen diesen Spielraum nicht aus. Bei der Prämienberechnung für private Besteller gibt es zwar relativ enge OECD-Vorgaben, aber auch ein wenig Spielraum. Frei bestimmen können ECAs nur den sogenannten Selbstbehalt. Dieser ist das Restrisiko, das der Exporteur beziehungsweise die finanzierende Bank im Schadensfall selbst übernehmen muss. Bei Hermesdeckungen liegt der Selbstbehalt bei langfristigen Finanzierungen in der Regel bei 5 Prozent, bei einigen anderen ECAs manchmal deutlich höher. Mit Blick auf diese Quoten bietet die Bundesregierung den Exporteuren also recht gute Bedingungen.
Hermesdeckungen beim Volumen weltweit führend
Gibt es weitere Unterschiede zwischen den ECAs?
Bei vergleichbarem Risikoprofil eines Geschäfts treffen ECAs laut Brancheninformationen durchaus unterschiedliche Entscheidungen: Einige mögen ein Projekt absichern, andere würden es möglicherweise nicht tun. Die Bundesregierung weist mit ihren Exportkreditgarantien im internationalen ECA-Vergleich eines der höchsten Deckungsvolumen auf. Dieses breite Angebot entspricht der diversifizierten Exportstruktur Deutschlands, und relativ viele Firmen nutzen es. Andere ECAs setzen eher einzelne Schwerpunkte, so etwa die dänische bei Windenergie oder die finnische bei Schiffen. Belgiens ECA hat Obergrenzen für die Absicherung von Geschäften mit afrikanischen Ländern. Auch bei den Exportkreditgarantien des Bundes gibt es einige wenige derartiger Kontingente, nicht allerdings für Afrika.
Unterstützen ECAs Projekte auch jenseits der reinen Absicherung?
Auch hier gibt es Unterschiede zwischen den ECAs. Die italienische SACE oder die britische UKEF begleiten Projekte und Firmen besonders intensiv vor Ort, heißt es in der Branche. Sie befassten sich relativ stark mit Großgeschäften, die naturgemäß eine engere Begleitung bei der Strukturierung der Finanzierung erfordern. Bei kleineren Geschäften könne eine Unterstützung durch die ECA sinnvoll sein, wenn beim Exporteur nur wenig Erfahrung mit solchen Absicherungen bestehe. Manche ECAs würden Exporteuren oder exportfinanzierenden Banken auch zusätzliche Absicherungen anbieten, etwa beim Zugang zum Pfandbriefmarkt oder einem Ergänzungsdarlehen. Dies alles kann die Finanzierungskosten eines Geschäfts vermindern und es damit erleichtern.
Gibt es eine objektive Übersicht zu den "Qualitäten" der einzelnen ECAs?
Bewertende Einschätzungen zum Agieren von ECAs oder qualitative Vergleiche zwischen ihnen lassen sich schwer einholen, besonders nicht von offizieller Seite: Die Besserbehandlung durch eine ECA würde de facto eine Besserstellung von Exportunternehmen des betreffenden Landes bedeuten. Dies wäre eine politisch bedingte Wettbewerbsverzerrung auf Exportmärkten
Deutsche Firmen können ausländische ECAs über Tochterunternehmen nutzen
Können deutsche Firmen überhaupt die ECAs anderer Länder nutzen?
Begrenzt. Wer die Exportkreditgarantien des Bundes in Anspruch nehmen möchte, muss den Firmensitz in Deutschland haben. Umgekehrt halten sich an diese Regel auch die ECAs anderer Länder der OECD. Wer aber beispielsweise eine Tochtergesellschaft in Italien hat, kann ein Geschäft dieser – in Italien gemeldeten – Tochter über die italienische ECA absichern lassen.
Wie läuft die Absicherung beim Export einer deutschen Maschine, die viele ausländische Zulieferteile hat?
Die Bundesregierung sichert die Finanzierung ab, wenn die Maschine am deutschen Standort eines Unternehmens hergestellt und von dort exportiert wird. Dies ist immer dann unproblematisch, wenn ein deutsches Ursprungszeugnis für die Maschine erhältlich ist. Aber auch ausländische Zulieferungen bis zu 49 Prozent können ohne weitere Begründung einbezogen werden. Ein höherer Anteil erfordert eine Analyse des Einzelfalls. Teils bindet die deutsche ECA für ausländische Zulieferungen die ECA des Zulieferlandes ein. Bei einer Anlage mit 70 Prozent deutscher und 30 Prozent italienischer Wertschöpfung würde der Bund dann das Gesamtgeschäft absichern, sich dafür aber über 30 Prozent bei der italienischen ECA rückversichern. Im Schadensfall würde die italienische Exportkreditversicherung somit für diese 30 Prozent aufkommen.
Wie verfahren die ECAs anderer Staaten bei Exportgütern unterschiedlichen Ursprungs?
Zumindest die ECAs größerer Industriestaaten wie der USA machen es ähnlich wie Deutschland. Es gibt aber die Tendenz einzelner ECAs, sich zunehmend industriepolitisch auszurichten. Dies ist besonders in Ländern mit einer schmaleren industriellen Basis der Fall, so in Skandinavien. Dabei geht es eher um die Absicherung des nationalen Exporteurs; wo dieser produziert, ist weniger wichtig. Beispielsweise könnte eine nordische ECA auch den Export einer in Brasilien produzierten Anlage nach Argentinien absichern, solange die Anlage ein nordisches Firmenlogo aufweist.
Wer profitiert, wenn Unternehmen die Dienste mehrerer ECAs nutzen können?
Davon können vorwiegend Konzerne profitieren und große Unternehmen mit Niederlassungen in vielen Ländern
"Small Tickets": unklar, ob manche Länder mehr fördern
Unterscheiden sich die Länder bei der Absicherung von "Small Tickets", den Geschäften im einstelligen Millionenbereich?
Hier können deutsche Branchenexperten keine eindeutigen Tendenzen feststellen. Die Länder hätten unterschiedliche Systeme, die sich schlecht miteinander vergleichen ließen. In manchen Ländern gebe es neben der Exportkreditgarantie auch staatlich getragene Finanzierungsmöglichkeiten. Einige ECAs besäßen eigene Kreditvergabemöglichkeiten und könnten so auch kleine Geschäfte selbst finanzieren. Andere böten unabhängig von der Größenordnung nur die Absicherung der Kredite an.
Wo steht Deutschland bei der Finanzierung von "Small Tickets"?
In Deutschland kümmert sich vorwiegend die von der deutschen Kreditwirtschaft getragene AKA-Bank um die Finanzierung der Small Tickets. "Wir stehen im internationalen Vergleich gut da", sagt Armin Wittemer, Leiter der Digitalen Exportfinanzierung bei der AKA. Die Zusammenarbeit mit Euler Hermes sei hervorragend. Die Bank arbeite als privates Institut mit relativ niedrigen Kosten, bedingt auch dadurch, dass man die Daten einer Kreditanfrage digital über das SmaTiX Portal der AKA bekomme und effizient weiterverarbeiten könne. Subventionen erhalte die AKA keine.
Weiterführende Informationen
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Oktober 2022 / Autor: Ulrich Binkert, Germany Trade & Invest