Kranhaken und Kabel im Hafen von Luanda, Angola
Staatliche Exportkreditversicherungen - sogenannte Hermesdeckungen - helfen kleinen und mittelständischen Unternehmen, Risiken zu minimieren und Forderungsausfälle abzusichern. Welche Möglichkeiten gibt es dabei, und wie funktionieren die Finanzierungsinstrumente? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema im Überblick.
Was macht eine staatliche Exportkreditversicherung (Export Credit Agency, ECAs)?
Staatliche Exportkreditversicherungen (Export Credit Agencies, ECAs) sichern Exporteure und deren Banken gegen Forderungsausfälle ab, die wirtschaftlich oder politisch bedingt sind. Das Risiko des Zahlungsausfalls liegt dann nicht mehr beim Exporteur oder der Bank, sondern wird zu einem großen Teil auf den Staat übertragen. Dank der hohen Bonität des Bundes sinkt das Kreditrisiko. Und oft ermöglichen erst Hermesdeckungen die Finanzierung eines Geschäfts durch Kreditinstitute.
Wer ist in Deutschland dafür zuständig?
In Deutschland ist die Euler Hermes Aktiengesellschaft mit der Bearbeitung der Exportkreditgarantien des Bundes beauftragt (www.agaportal.de). Diese "Hermesdeckungen" kommen dort zum Einsatz, wo die private Wirtschaft keine hinreichenden Absicherungen bietet.
Exportkreditgarantien senken das Kreditrisiko
Wie wichtig sind Exportkreditversicherungen für Lieferungen nach Afrika?
Wichtig. 14 Prozent der Importe in Länder der Subsahara-Region wurden 2020 durch eine Exportkreditversicherung abgedeckt. Dies entspricht allerdings auch dem Durchschnitt der Exporte in alle Zielregionen weltweit. Die Daten beziehen sich auf die Mitglieder der Berner Union, dem globalen Verband mit ECAs sowie privaten Versicherern.
Als wie riskant werden afrikanische Länder eingestuft?
Als sehr riskant. Zur Einstufung von Länderrisiken hat die OECD Risikoklassen festgelegt. Diese reichen von Stufe 1 für Länder mit hoher Bonität und geringem Risiko bis Stufe 7 für Länder mit hohem Risiko.
Auf der OECD-Skala erreichen von den 54 afrikanischen Ländern derzeit nur acht eine Einstufung 5 oder besser: Botsuana, Marokko und Mauritius (jeweils Stufe 3), Südafrika (4) sowie Ägypten, Algerien, Côte d'lvoire und Senegal (5). Bei schlecht eingestuften Ländern ist nicht nur das Ausfallrisiko hoch, sondern im Regelfall auch der Aufwand für die Prüfung des Kunden in Afrika. Dazu gehören etwa Klärungen zu Geldwäsche oder Korruption.
Sind Geschäfte mit sehr risikoreichen afrikanischen Ländern völlig ausgeschlossen?
Nein. Für die am schlechtesten eingestuften Länder wie Tschad und Burundi gibt es zumindest Absicherungsmöglichkeiten für Kreditlaufzeiten bis zu 360 Tagen. Aktuell allerdings offeriert der Bund keine Hermesdeckungen für Geschäfte mit Zahlungsrisiken in Sudan, Südsudan, Somalia und DR Kongo.
Finanzierungsmodell hängt vom Auftragsvolumen ab
Exporte welcher Größenordnung deckt eine ECA üblicherweise ab?
Die Exportkreditgarantien des Bundes stehen grundsätzlich allen Exportunternehmen und exportfinanzierenden Banken mit Sitz in Deutschland zur Verfügung. Dies ist unabhängig von der Größe des Unternehmens oder der Höhe des zu deckenden Auftrags.
Um welche Art von Krediten geht es?
Bestellerkredit
Hierbei gewährt ein deutsches oder internationales Finanzierungsinstitut dem Importeur einen Kredit, also zum Beispiel dem kenianischen Käufer einer deutschen Anlage. Für den deutschen Exporteur ist das bequem, denn er erhält die Zahlung für seine Ware direkt von der Bank. Für die Bank dagegen ist der gesetzlich vorgeschriebene Prüfaufwand recht hoch, namentlich die Risikobewertung des kenianischen Kunden.
Der Aufwand ist recht unabhängig vom Wert des Exports und ist daher für kleine Geschäfte oftmals zu hoch. Ein Bestellerkredit lohnt sich damit meist nur für Geschäfte ab etwa 10 Millionen Euro mit Kreditlaufzeiten von mehreren Jahren.
Lieferantenkredit
Bei Lieferungen bis etwa 1 Million Euro gewähren Exporteure ihren Kunden etwa in Afrika häufig selbst einen Kredit. Sie vergeben so einen „Lieferantenkredit“ zum Beispiel über ihre Hausbank in Deutschland. Die Exporteure tragen dann aber das Ausfallrisiko. Dagegen können sie sich bei Euler Hermes absichern – theoretisch: Bei kleineren Geschäften bis 1 Million Euro tun sie es üblicherweise nicht, weil die Kosten dafür – bezogen auf die Kreditsumme – relativ hoch sind. Zudem belasten Lieferantenkredite die Bilanz des Exporteurs und werden deshalb eher sparsam eingesetzt, besonders bei größeren Geschäften über 1 Million Euro. Lieferantenkredite sind für Exporteure also tendenziell riskant oder teuer oder beides.
Und was geschieht mit Geschäften zwischen 1 Million und 10 Millionen Euro?
Diese Transaktionen gelten als "Small Tickets": Das sind Geschäfte, die für einen Lieferantenkredit zu groß und für die ein Bestellerkredit zu teuer ist. In Deutschland finanziert solche "Small Tickets" zum Beispiel die AKA-Bank, die mit ihren aktuell 17 Gesellschaftern faktisch die gesamte deutsche Kreditwirtschaft als Eigentümerin hat. Die Bank setzt einen starken Fokus auf Afrika und will ihr Engagement dort weiter verstärken.
Deutsche Exporteure können Exportfinanzierungen über das Portal SmaTiX direkt bei der AKA anfragen. Finanzierungsanfragen für Länder, die dort nicht aufgelistet sind, können über die Hausbank des Exporteurs an die AKA gestellt werden.
Welche Alternativen bieten Banken zur Finanzierung von Exporten an?
Dazu gehören Akkreditive (Verpflichtung einer Bank zur Zahlung) und Forfaitierungen (Exporteur verkauft Forderungen an ein Kreditinstitut) oder Exportfactoring (Verkauf kurzfristiger Forderungen an einen Forderungskäufer). Ein Akkreditiv ist allerdings sehr oft nicht zu bekommen – das ist ja das Problem der Exporteure -, und auch die anderen Möglichkeiten sind regelmäßig nicht umsetzbar.
Wie stuft die AKA-Bank die Export-Zielländer ein?
Sie richtet sich nach demselben Schema wie Euler Hermes. Offen ist die AKA im Segment der Small-Ticket-Finanzierungen für Geschäfte mit Ländern der Risikogruppen 1 bis 5. Gründe für den Ausschluss anderer Länder sind nicht nur deren hohes Risiko, sondern auch der damit verbundene hohe Prüfaufwand.
Sichert die Bank damit keine Lieferungen in schlecht eingestufte Länder ab?
Auch Geschäfte mit Ländern, die schlechter als 5 bewertet sind, sind möglich: Etwa wenn der Importeur eine hervorragende Bonität hat, indem er unter anderem nach internationalen Standards bilanziert. Einige solcher Kunden finden sich zum Beispiel in Kenia, das mit Stufe 6 eigentlich ein hohes Risiko hat.
Für internationale ECAs ist Firmensitz entscheidend
Können deutsche Firmen auch die ECAs anderer Länder nutzen?
Begrenzt. Wer bei der deutschen Euler Hermes ein Geschäft absichern will, muss den Firmensitz in Deutschland haben. Umgekehrt halten sich an diese Regel auch die ECAs anderer Länder der OECD, des Clubs der Industrieländer. Wer aber eine Tochtergesellschaft in Italien hat, kann ein Geschäft dieser – in Italien gemeldeten – Tochter über die italienische ECA SACE absichern lassen. Dies kann Konzerne begünstigen – Firmen mit vielen Niederlassungen nutzen die Leistungen jener ECA, die ihnen am meisten bringt. Zulieferungen ausländischer Firmen an einen deutschen Exporteur werden von der deutschen Euler Hermes abgesichert, wenn das Gesamtgeschäft über den inländischen Firmenteil läuft. Staatliche Exportkreditversicherungen (ECAs) gibt es in allen Industrie- und auch einigen Schwellenländern.
Weiterführende Informationen
|
Oktober 2022 / Autor: Ulrich Binkert, Germany Trade & Invest