Die Suche nach Auszubildenden bleibt für deutsche Unternehmen vielerorts eine Herausforderung. Zehntausende von Stellen bleiben mangels geeigneter Bewerber unbesetzt. Gleichzeitig sind in Ländern wie Ghana viel junge Menschen ohne eine Beschäftigung und suchen händeringend eine Stelle.
Eine Lösung kann die Rekrutierung von Azubis im Ausland sein. Die Delegation der Deutschen Wirtschaft in Ghana (AHK Ghana) hat im Jahr 2024 dafür ein eigenes Angebot entwickelt. Das Programm "Azubis aus Ghana nach Deutschland" unterstützt deutsche Unternehmen bei der Suche nach Auszubildenden in Ghana für den deutschen Markt.
Deutschland genießt sehr guten Ruf
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Wie kann die AHK Ghana deutschen Unternehmen bei der Suche nach Fachkräften helfen?
Angefangen bei der Ausschreibung freier Stellen in den Sozialen Medien, über Vorauswahl/Shortlisting und ersten Videobegegnungen zwischen den Firmen und ihren potenziellen Kandidaten bis hin zur Organisation von Deutschkursen bis zum Niveau B1/B2. Ebenfalls im Paket enthalten ist ein intensives interkulturelles Training, Visaberatung und -begleitung und das "Kofferpacken für Deutschland". Auch eine Begleitung der jungen Fachkräfte während ihrer ersten Zeit in Deutschland gehört dazu.
Hier arbeiten wir sehr erfolgreich mit dem Senior Expert Service (SES) zusammen. Die Unternehmen können selbst entscheiden, an welchen Stellen wir als Delegation beim Anwerbeprozess unterstützen sollen, wir gehen auf die individuellen Wünsche der Betriebe ein.
Sind deutsche Unternehmen bei ghanaischen Arbeitskräften beliebt?
Unbedingt. Deutschland genießt in Ghana, insbesondere bei den jungen Menschen, einen guten Ruf. Die Arbeitsbedingungen werden als extrem attraktiv wahrgenommen (was sie in der Tat ja auch sind), und es gibt in vielen Regionen Deutschlands bereits eine größere ghanaische Expat Community, die bei der Integration zusätzlich helfen kann.
Eine gute Vorbereitung ist essenziell
Was sollten Unternehmen besonders beachten?
In Gesprächen mit Unternehmen, die bereits über Erfahrungen mit ghanaischen Fachkräften verfügen, kristallisieren sich insbesondere fünf Themen heraus, die unbedingt beachtet werden sollten:
- Sprachkenntnisse sind entscheidend. Das Niveau B1, mit dem man nach Deutschland einreisen kann, ist für den Anfang sicherlich ausreichend, sollte dann aber vor Ort durch entsprechende Maßnahmen aufgewertet werden. Ohne Sprachkenntnisse kann keine erfolgreiche Integration gelingen.
- Wohnraum ist oftmals eine hohe Hürde. Hier sollten sich die Firmen rechtzeitig um praktikable Lösungen kümmern. Die Fachkräfte/Azubis werden von sich aus nur bedingt die Möglichkeit haben, sich um eine Wohnung bzw. den Platz in einer WG zu kümmern. Hier gehen Unternehmen oftmals eigene Wege, mieten Häuser oder Wohnungen selber an und stellen sie dann den jungen Ghanaern zur Verfügung, ggf. durch entsprechende Abzüge beim Lohn oder Ausbildungsgehalt.
- Die persönliche Betreuung, speziell in den ersten Wochen und Monaten in Deutschland, ist eine entscheidende Weichenstellung für den Erfolg. Die eigentliche Herausforderung bei der Integration beginnt nach der Arbeit und am Wochenende. Hier hat sich das Mentoring mit den ehrenamtlichen Helfern des SES sehr bewährt; für Azubis gibt es ein spezielles bundesgefördertes Programm VerAPlus, zu dem sich alle Unternehmen kostenfrei anmelden können.
- Der Umgang mit Geld ist bei vielen jungen Menschen aus Ghana zunächst ungewohnt, zumal der Euro-Gegenwert aus ghanaischer Sicht extrem hoch ist (ggü. der lokalen Währung). Hier sollte seitens der Betriebe Aufklärungsarbeit geleistet werden, speziell auch angesichts der oftmals üblichen Forderung der Familien in Ghana nach regelmäßiger Rücküberweisung von Geldern.
- Für viele Ghanaer spielt das "richtige" Essen eine große Rolle. In der Regel sind typisch ghanaische Speisen nicht in dieser Form in Deutschland erhältlich, sondern nur in speziellen "Afro Shops". Im Vorfeld der Ausreise sollten Unternehmen sich zumindest einen Überblick verschaffen, wo sich in der näheren Umgebung solch ein Geschäft befindet. Behilflich in diesem Zusammenhang sind auch die Senior Experts, die solche u.a. Aufgaben übernehmen können.
Welche Anreize, monetärer und nicht-monetärer Art, sollten Firmen bieten?
Neben der Bereitstellung von Wohnraum oder aktiver Hilfe beim Finden bietet es sich unserer Erfahrung nach an, den jungen Menschen speziell im Freizeitbereich geeignete Angebote zu machen, z.B. die Anmeldung im Fußballverein, Fitnessstudio etc. Gerade Sportvereine können den Ghanaern eine wichtige soziale Anlaufstelle bieten. Darüber hinaus hat sich die Bereitstellung eines Deutschlandtickets ebenfalls sehr bewährt.
Gibt es schon erste erfolgreiche Vermittlungen? Wenn ja, in welchen Branchen und an welche Unternehmen?
Bisher konnten 5 Kandidatinnen und Kandidaten als Azubis bzw. Fachkräfte vermittelt werden (Solartechniker, Schweißer, Anlagenmechaniker, Kfz-Mechaniker, Fachkraft für Bäderbetriebe). Darüber hinaus besuchen im Moment 20 junge Ghanaerinnen und Ghanaer Deutschkurse im Goethe-Institut und haben Ende des Jahres 2024 das B1-Niveau erreicht. Im 1. Quartal 2025 reisen diese dann aus (Maurer, Solartechniker, Anlagenmechaniker). Für das kommende Jahr werden wir versuchen, neben den bisherigen Schwerpunkten speziell auch die Branchen Sanitär und IT mit geeigneten Azubis zu bedienen.
Das Interview führte Corinna Päffgen von Germany Trade & Invest im Februar 2025.
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