Schneider Werbeplakate in Westafrika
Burkina Faso ist einer der besten Märkte, und nach Madagaskar gehen die Kugelschreiber gleich containerweise: Für Schneider Schreibgeräte ist Afrika nach Europa und zusammen mit Asien die zweitwichtigste Absatzregion. Und dies mit einem Standard-Konsumprodukt für den Alltagsgebrauch, das die Firma mit ihren rund 600 Beschäftigten komplett in Deutschland herstellt. Möglich machen dies eine hohe Produktqualität und ein Vertriebspartner aus Frankreich, sagt Mathias Müller. Der Schneider-Exportleiter arbeitet seit 2005 bei dem Unternehmen aus Tennenbronn im Schwarzwald. Im Videointerview erklärt Müller, der zudem Afrika selbst betreut, wie wichtig Vertrauen im Geschäft ist und wie er mit seinen Vertriebspartnern zusammenarbeitet.
Solide deutsche Qualität kommt an
Herr Müller, der Edelfüller für die Reichen Afrikas – ist das die Basis Ihres Erfolgs dort?
Überhaupt nicht. Den größten Umsatz in Afrika tätigen wir mit unserem Tops 505. Das ist ein Einweg-Kugelschreiber, der hier im Laden gut 40 Cent kostet. Die Kunden haben gemerkt, dass dieser Stift tatsächlich bis zu Ende schreibt, ohne dass die Mine ausläuft oder die Kugel streikt. Das Beschreiben eines Blatt Papiers kostet sie letztlich weniger als bei der Konkurrenz, auch wenn unser Schreiber ein Viertel teurer sein mag.
Langfristig zahlt sich Qualität aus, auch wenn sie mehr kostet – dieses Argument verfängt in Afrika also doch?
Bei uns schon. Wir verkaufen Qualität ausschließlich made in Germany, mit einer Wertschöpfung von circa 90 Prozent. Außer einigen wenigen Metallteilen, die wir von europäischen Lieferanten beziehen – zum Beispiel einige Clipse zum Anstecken der Stifte – machen wir praktisch alles selbst. Damit bestehen wir auch gegen günstigere Konkurrenten aus Indien oder China. Und auch gegen einen französischen Anbieter, der unter anderem in Tunesien und Südafrika produziert und mit dem wir uns die Marktführerschaft in einigen Märkten im frankofonen Afrika teilen. Wir haben übrigens unsere Schreibgeräte nicht speziell für Afrika designt, sondern verkaufen dort die gleichen Produkte wie anderswo auch.
Wo in Afrika verkaufen Sie denn besonders viel?
In den frankofonen Staaten in Nord- und Westafrika. Diese Märkte bearbeiten wir seit rund 30 Jahren zusammen mit einem Partner aus Paris. Auf Provisionsbasis, vor allem aber sehr vertrauensvoll. Der Partner hat sich auf dieses Absatzgebiet konzentriert, neben weiteren Umsätzen in den französischen Überseegebieten und in Zentralamerika. Bei uns steht Afrika für rund ein Sechstel aller Umsätze, bei einer Gesamt-Exportquote von rund zwei Dritteln.
Französische Vertriebspartner für frankofone Märkte
Wie sieht die Kooperation mit diesem französischen Partner aus?
Wir haben mit ihm Vereinbarungen für die meisten frankofonen Länder Afrikas. Unser Partner pflegt sehr gute Kontakte mit Importeuren dort und vermittelt uns neue. Er unterstützt diese Vertretungen laufend, etwa bei der Produkteinführung oder der Erstellung von Angeboten. Vier seiner Mitarbeiter besuchen dafür nach Möglichkeit jedes Land ein- oder zweimal jährlich. Ich wiederum nehme ein- bis zweimal jährlich den TGV nach Paris, und starte von dort eine gemeinsame, rund einwöchige Tour durch Westafrika. Hinzu kommen kürzere Besuche in Nordafrika.
Wen treffen Sie auf solchen Reisen?
Vor allem unsere Vertretungen, aber auch Endkunden. Key Accounts, Großkunden also, sind in Afrika nicht so wichtig wie in Europa. Was ich nie vergessen werde, ist dieser riesige Markt in Cotonou in Benin, wo sich Großhändler, Straßenhändler und auch die Verbraucher selbst versorgen. Da bekommen Sie alles, Gemüse, Medikamente – und auch unsere Schreibgeräte.
Sie kooperieren „sehr vertrauensvoll“ mit Ihrem Partner aus Paris. Was bedeutet das?
Unser Partner führt ein breites Angebot für alle Bedarfe in Büros, Schreibgeräte hat er aber exklusiv von uns. Zudem geben wir Kontakte, die wir selbst akquiriert haben, sofort an unseren Partner weiter, der diese neue Vertretung dann unter unseren gemeinsamen Vertragskonditionen weiter betreut. Eine vertrauensvolle Kooperation haben wir auch mit den Vertretungen vor Ort selbst. Unserem Partner in Burkina Faso zum Beispiel, mit dem wir seit 25 Jahren zusammenarbeiten, geben wir drei Monate Zahlungsziel bei der Rechnung, die wir ihm mit Versand einer Lieferung aus Deutschland ausstellen. Wir haben da noch nie Geld verloren.
Gezieltes Marketing: Gratis-Stifte
Außer dem Partner in Paris hilft Ihnen aber auch gutes Marketing?
Wichtig für den Boom, den wir in Nord- und Westafrika seit knapp zwanzig Jahren erleben, war eine Bemusterung kurz nach der Jahrtausendwende: Da schickten wir an Vertretungen einige Chargen Tops 505 umsonst, die sie so mit Schwung in den Markt einführen konnten. Diese Maßnahme war letztlich gar nicht so teuer, denn von ihr zehren wir heute noch. Oder die zentrale Plakataktion für das frankofone Afrika vor etwa zwei Jahren: Dafür entwarf eine ivorische Marketingagentur für mehrere Länder identische Plakate. Die Kosten für solche länderspezifischen Marketingaktionen, wie zum Beispiel auch das Bedrucken von 5.000 T-Shirts, teilen wir uns mit unseren Vertretungen vor Ort.
Wie organisieren Sie den Vertrieb in den anderen afrikanischen Ländern?
Die anglofonen Länder betreuen wir direkt von Deutschland aus. Und merken, dass zum Beispiel Kenia, wo wir unlängst eingestiegen sind, ganz anders tickt als andere Länder. Wir sind aber noch nicht überall in Afrika vertreten und suchen zum Schließen dieser weißen Flecken laufend neue Partner. Das tun wir bevorzugt auf internationalen Fachmessen. Wichtige Veranstaltungen dafür sind die Creative World in Frankfurt und die Paperworld Middle East. Eine Unterstützung der staatlichen deutschen Außenwirtschaftsförderung nutzen wir bislang nicht.
Arbeitsteilung auch in der Logistik
Managen Sie oder Ihr Pariser Partner auch das operative Geschäft, etwa mit Zoll und Logistik?
Nein, das erledigen weitgehend unsere Vertretungen vor Ort. Typisch ist eine Lieferung nach Burkina Faso. Unsere Zuständigkeit dabei endet in Frankreich, normalerweise in Rouen. Dorthin schicken wir die Ware auf Paletten. Ein Spediteur, mit dem unsere burkinische Vertretung einen Vertrag hat, übernimmt sie und lädt sie mit anderen Büroartikeln in einen Container. Die Logistiker betreuen also, zusammen mit unserem burkinischen Partner, auch den Versand zum Hafen, etwa in Benin und weiter über Land in Westafrika, inklusive aller Formalitäten beim Zoll. Im Falle von Madagaskar, wohin wir ganze Container nur mit Schreibgeräten schicken, organisieren wir den Transport bis zum Zielhafen.
Aber Ihre Endkunden sind schon eher Firmen und andere Organisationen, Behörden vielleicht noch?
Die auch, meistens sind das aber ganz normale Leute, die unsere Stifte im Laden, am Kiosk oder auch von einem Straßenhändler kaufen. Haupt-Verkaufssaison ist September bis November, wenn nach den Ferien die Schule wieder beginnt. B2B ist noch nicht so wichtig wie in Europa. Also etwa das Geschäft mit Werbeschreibgeräten oder Kugelschreibern für Firmen, die darauf ihr Logo platzieren. Dass wir einer unserer Vertretungen bei Ausschreibungen öffentlicher Kunden helfen, das kommt vielleicht einmal im Jahr vor.
Spüren Sie in Westafrika nicht die politische Unsicherheit dort?
Die Putsche in Burkina Faso, Mali oder Niger haben unserem Geschäft tatsächlich nicht gerade geholfen. Schwierig ist es auch in einem Land wie Kongo. Einen Flug nach Kinshasa kann ich momentan nicht empfehlen, dort brauchen Sie Personenschutz. Unsere breite Risikostreuung hilft da aber: Wir verkaufen in über 130 Länder. Wenn es irgendwo klemmt, läuft es anderswo besser, das gleicht sich aus. Für Afrika als Kontinent sind wir jedenfalls zuversichtlich, Bevölkerung und Wirtschaft wachsen. Und was für uns noch gehen kann, das sehen wir an unserem Erfolg in Westafrika.
Das Interview führte Ulrich Binkert von Germany Trade & Invest im Januar 2024.
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