Seit gut zwei Jahren unterstützt das IHK-Netzwerkbüro Afrika (INA) deutsche Unternehmen beim Markteintritt in Afrika im Rahmen des Wirtschaftsnetzwerks Afrika des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Anlässlich dieses Jubiläums zieht Dr. Thando Sililo, Projektleiter von INA, Bilanz.
Herr Dr. Sililo, wie sind die ersten zwei Projektjahre aus Ihrer Sicht gelaufen?
Wir sind sehr zufrieden mit dem bisherigen Beratungserfolg. Knapp 250 deutsche Unternehmen haben wir in den letzten zwei Jahren zu Angeboten der Außenwirtschaftsförderung zum Markteintritt in Afrika beraten: persönlich, telefonisch oder digital per Microsoft Teams. Wir sind in der Pandemie gestartet und haben alles darangesetzt, dass Afrika bei Unternehmen nicht in Vergessenheit gerät.
Dieses Jahr haben wir eine Umfrage unter den Unternehmen durchgeführt, die wir 2021 beraten haben. Damit wollten wir den Beratungserfolg überprüfen und herausfinden, wie afrikanische Märkte wahrgenommen werden. Jedes zweite Unternehmen, das auf unsere Umfrage Rückmeldung gegeben hat, meldete eine eingeleitete Geschäftsanbahnung in Afrika im Anschluss an unser Beratungsgespräch. Dies ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass 46 Prozent der Unternehmen davor noch nicht in Afrika aktiv waren. Knapp 60 Prozent gaben zudem an, nach unserer Beratung ein gesteigertes Geschäftsinteresse an Afrika zu haben. Diese Ergebnisse freuen uns sehr. Sie bestätigen unsere Einschätzung, dass mehr deutsche Unternehmen Geschäftschancen auf diesem Kontinent erkennen.
In Ihrem Projektnamen steckt das Wort "Netzwerk". Was bedeutet das konkret?
Wir beraten im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und im Rahmen des Wirtschaftsnetzwerks Afrika. Wir sind Teil der DIHK Service GmbH – einem Tochterunternehmen der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Im Schulterschluss mit der DIHK, der Geschäftsstelle des Wirtschaftsnetzwerks Afrika, den IHK und den AHK beraten wir zu den Angeboten der Außenwirtschaftsförderung zum Markteintritt und verweisen auf Angebote der Entwicklungszusammenarbeit an die Agentur für Wirtschaft & Entwicklung, beziehungsweise die jeweiligen Angebote. Zusammen bilden wir ein starkes Netzwerk.
Unternehmen, die sich an uns wenden, profitieren von diesem Netzwerk, denn wir informieren sie über Angebote der Außenwirtschaftsförderung und Veranstaltungen und bringen sie mit den richtigen Ansprechpersonen für ihre Anliegen zusammen – in Deutschland und in Afrika. Zudem informieren wir über Veranstaltungen sowie zu Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten des Bundes.
Hierzu zählen etwa Delegationsreisen und Zielmarktanalysen im Rahmen der Exportinitiativen oder des BMWK-Markterschließungsprogramms (MEP). Im Rahmen des Auslandsmesseprogramms (AMP) fördert das BMWK die Teilnahme an Fachmessen. Absicherungen der Finanzierungen erhalten Unternehmen vor allem im Rahmen der Exportkreditgarantien des Bundes, auch als Hermes Deckungen bekannt, oder im Rahmen der Investitionsgarantien des Bundes.
Welche Unterstützungsangebote gibt es für deutsche Unternehmen mit Interesse am Afrikageschäft?
Deutsche Unternehmen haben viele Möglichkeiten, sich Unterstützung auf ihrem Weg nach Afrika zu holen. Wenn sie sich an uns wenden, erhalten sie eine kostenfreie Beratung. Im Anschluss bekommen sie ein individuell auf ihre Bedarfe zugeschnittenes Dossier. Dies enthält eine Übersicht zu den Unterstützungsangeboten der Außenwirtschaftsförderung und Informationen zu Angeboten der Entwicklungszusammenarbeit. Besonders positiv ist in diesem Zusammenhang, dass die Bundesregierung das Unterstützungsangebot für Unternehmen im Rahmen des Wirtschaftsnetzwerks Afrika stetig weiterentwickelt und ausbaut.
Seit diesem Jahr bietet das Wirtschaftsnetzwerk Afrika des BMWK etwa mit den Beratungsgutscheinen Afrika ein neues Instrument an: Unternehmen erhalten Zuwendungen für passgenaue und vertiefte Beratung zu ihren Geschäftsvorhaben – unabhängig von ihrer Branche oder ihrem Zielland. Ein Beratungsgutschein deckt 75 Prozent der Beratungskosten für 15 Beratungstage ab. Damit können Unternehmen beispielsweise eine Geschäftspartnersuche durchführen.
Ein weiteres Angebot des Wirtschaftsnetzwerks Afrika sind die Branchenexperten. Sie spüren Geschäftschancen auf, in der Wasserwirtschaft in Ägypten, der Lebensmittelverarbeitung in Ghana und der Kreislaufwirtschaft in Südafrika. Ganz neu gibt es das Angebot seit August auch in Kenia, mit einer Branchenexpertin für Gesundheitswirtschaft. Die Branchenexperten haben fundierte Marktkenntnisse und starke Netzwerke vor Ort. Sie sind an den Auslandshandelskammern beziehungsweise Delegiertenbüros im jeweiligen Zielland angesiedelt. Unternehmen, die sich für Informationen zu den Geschäftsmöglichkeiten interessieren, können sich bei der Geschäftsstelle des Wirtschaftsnetzwerks Afrika registrieren.
Gibt es bestimme Tendenzen, die sich in den Beratungen abzeichnen?
Die meisten Anfragen, die uns erreichen, beziehen sich auf West- und Ostafrika. Ich hätte nicht nur aufgrund der höheren Handelsvolumina mit mehr Nachfrage für das nördliche und südliche Afrika gerechnet. Doch vor allem die Zahl an Anfragen zu den Märkten in Westafrika blieb trotz Corona während unserer bisherigen Tätigkeit hoch.
Abgesehen von unseren drei Fokussektoren Energie, Gesundheitswirtschaft und Industrie/Maschinenbau erreichen uns viele Anfragen für die Sektoren Nahrungs-/ Lebensmittelwirtschaft und Umwelttechnologie. Unsere Veranstaltungen richten wir daher thematisch vor allem an diesen häufig nachgefragten Sektoren aus.
Welche Art von Veranstaltungen organisieren Sie?
Wir führen zwei Veranstaltungsformate durch. Einerseits organisieren wir das Format "IHK-Regionalforum Afrika" in Kooperation mit wechselnden IHKs in ganz Deutschland. Diese Veranstaltungen haben immer einen Branchenfokus. Sie kombinieren Potenziale in verschiedenen Zielmärkten Afrikas und finden in der Regel in Präsenz statt. In den letzten zwei Jahren haben wir sieben IHK-Regionalforen organisiert – die meisten davon aufgrund der pandemischen Situation digital oder hybrid.
Unser zweites Veranstaltungsformat sind die Webinare "INA Insights". Damit verfolgen wir das Ziel, Praxiswissen zu konkreten Fragen oder Nischen-Themen in Afrika zu vermitteln. Alle zwei Monate diskutiert das IHK-Netzwerkbüro Afrika hierzu ein anderes Thema mit Unternehmen sowie Fachleuten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik.
Was möchten Sie den Unternehmen noch mitgeben?
Erfolg beim Afrikageschäft erfordert einen langen Atem, verlässliche Geschäftskontakte vor Ort und eine genaue Kenntnis der wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen im Zielland. Glücklicherweise sind Unternehmen bei der Bewältigung dieser Aufgaben nicht allein. Nutzen Sie die vielfältigen Unterstützungsangebote der deutschen Außenwirtschaftsförderung, insbesondere die der Germany Trade & Invest (GTAI), der Kammerorganisation und zusätzliche Angebote der Außenwirtschaftsförderung des Wirtschaftsnetzwerks Afrika wie die Beratungsgutscheine Afrika. Das IHK-Netzwerkbüro Afrika informiert Sie im Rahmen eines Beratungsgesprächs gerne über die für Sie in Frage kommenden Angebote.
Das Interview führte Charlotte Rostek vom IHK-Netzwerkbüro im August 2022.