Projektvorbereitung mit lokalen Fachkräften in Kenia
Die Firma ROHDE KG bietet Wandbeschichtungen für besonders sensible Einrichtungen an: In Operationsräumen, in der Nuklearmedizin, in Hochsicherheitslaboren, aber auch in der Lebensmittelindustrie werden diese Spezialbeschichtungen für Wand und Decke eingesetzt. Lange lag für Rohde das Augenmerk auf den asiatischen Märkten, doch nun rückt mit Südafrika und Kenia auch Afrika ins Blickfeld der Firma.
Corona brachte ROHDE nach Afrika
Herr Rohde, warum haben Sie sich für einen Markteintritt in Afrika entschieden?
Zuletzt lag unser Fokus noch auf Asien, vor allem China. Doch aufgrund der Pandemie ist der Markt sehr eingeschränkt zugänglich und könnte für uns sogar irgendwann wegbrechen. Als Geschäftsführer sehe ich mich in der Pflicht, nach alternativen Märkten Ausschau zu halten. Auf Afrika kamen wir, nachdem ich an einer Markterschließungsreise nach Südafrika teilgenommen habe. Die Reise wurde vom Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und der deutschen Durchführungsgesellschaft AHP International GmbH organisiert. Dabei lernte ich den lokalen Berater, Zurcom International, kennen. Als nun eine virtuelle Geschäftsanbahnung für Kenia angeboten wurde, bei der Zurcom wiederum die lokale Durchführungsgesellschaft war, wollten wir die Gelegenheit nutzen. Gemeinsam haben wir dann Geschäftspartner in Kenia gesucht und auch gefunden.
Markterschließungsreisen und andere Veranstaltungen helfen uns vor allem anfangs, ein Netzwerk aufzubauen, das viele Fördermöglichkeiten bietet und uns so wesentlich unterstützt. Nach der Reise nach Kenia habe ich zum Beispiel beim IHK Außenwirtschaftsforum in Bielefeld letztes Jahr Dr. Thando Sililo vom IHK-Netzwerkbüro Afrika (INA) kennengelernt. Er und sein Team haben uns zu den Finanzierungs- und Förderinstrumenten des Bundes beraten.
Verfolgen Sie eine bestimmte Strategie beim Markteintritt in ein neues Land?
Das Auslandsgeschäft ist ein permanenter Lernprozess, aber wir erschließen unsere Märkte in Asien und Afrika nach einer ähnlichen Strategie. Zuerst fokussieren wir uns auf wenige Märkte; Nachbarländer kommen erfahrungsgemäß mit der Zeit automatisch hinzu.
Unsere Produkte werden hauptsächlich im Gesundheitsbereich, aber auch im Laborbau und im Reinraum, eingesetzt. Überall dort, wo Hygiene eine wichtige Rolle spielt oder die Konzentration luftgetragener Teilchen sehr gering gehalten werden muss, sind unsere Produkte ein Thema. Der Kontakt zu lokalen Krankenhäusern ist häufig der erste Schritt für uns zum Markteintritt. Diese erreichen wir am besten durch eine Messe oder eine Markterschließungsreise für Unternehmen aus dem Gesundheitssektor. Im nächsten Schritt suchen wir dann nach einem geeigneten lokalen Partner für den Vertrieb und den Service.
Lokale Partner übernehmen vor Ort die Federführung
Arbeiten Sie häufig mit lokalen Partnern?
Ja, immer – lokale Partner sind ein zentraler Bestandteil unseres Geschäftsmodells. Ein eigener Standort im Ausland bedeutet viel Aufwand, Zeit und Geld und ist gleichzeitig mit mehr Risiko behaftet. Daher haben wir uns entschieden, nur die Produkte aus Deutschland zu importieren und für die Installation Fachkräfte vor Ort auszubilden. Alles weitere, wie zum Beispiel regionales Marketing, legen wir in die Verantwortung unserer Geschäftspartner, die sich mit den Gegebenheiten vor Ort besser auskennen.
Lohnt es sich, in die Ausbildung von Fachpersonal vor Ort zu investieren?
Auf jeden Fall. Für uns ist es sehr wichtig, Fachkräfte, die unsere Produkte verarbeiten können, in den Ländern auszubilden, in denen wir aktiv sind. Unser erstes Pilotprojekt in Südafrika war die Renovierung eines Operationssaals in Knysna. Auch in dem ersten Projekt in Nairobi wurden circa 20 lokale Bauhandwerker eingearbeitet. Wir stecken viel Engagement, Zeit und Geld in die Schulung der Fachkräfte vor Ort. Die mehrtägige Schulung wird von unseren Spezialisten aus der Zentrale durchgeführt und durch mehrsprachige Schulungsvideos begleitet.
Wie sieht ein geeigneter Geschäftspartner für Sie aus?
Unser Partner in Nairobi verkauft medizinisches Equipment und baut kleinere Krankenhäuser. Für unser Pilotprojekt haben wir uns etwas gesucht, das wir schnell gemeinsam umsetzen konnten. Die Wahl fiel auf ein kleines Krankenhaus am Rand von Kibera, einem Hotspot von Nairobi.
Wir lieferten das Material kostenlos und der Kunde übernahm den Transport, sodass das Pilotprojekt kostenlos durchgeführt werden konnte. Bei (potentiell) wichtigen Kunden sind wir bereit, ein erstes Projekt mit unseren Produkten zu unterstützen, um es als Referenzprojekt zu verwenden. Wir machen dies allerdings nur, wenn wir dieses Projekt durch einen Mitarbeiter vor Ort begleiten und es gleichzeitig als Schulungsmaßnahme für lokale Mitarbeiter nutzen können. Ich war persönlich in Nairobi bei der Installation dabei. Es war ein voller Erfolg.
Für uns stellt eine Partnerschaft mit so einem lokalen Unternehmen die perfekte Win-Win-Situation dar. Wir können schnell in den Markt starten und unser Partner profitiert von der Qualität "Made-in Germany". Uns ist es wichtig, nachhaltig und vorausschauend zu wirtschaften: Wir möchten nicht schnell Geschäfte machen, sondern langfristige Geschäftsbeziehungen aufbauen. Dafür ist der afrikanische Kontinent optimal.
Unterschiede zwischen Geschäften in Afrika und Asien
Wenn Sie Ihre Geschäfte in Afrika und Asien vergleichen – was fällt Ihnen dabei auf?
Zwischen den einzelnen Märkten in Asien und in Afrika gibt es große kulturelle Unterschiede. In China dauert es sehr lange, um einen Partner zu überzeugen. Sobald die Entscheidung aber gefallen ist, geht es schnell an die Umsetzung. In Afrika ist das andersherum. Die Geduld, die wir in Asien anfangs gebraucht haben, benötigen wir in Afrika zu einem späteren Zeitpunkt. Auch Spontanität ist in Afrika gefragt. Wir bereiten gerade eine Messe in Südafrika vor, zu der wir alle unsere Kontakte vor Ort eingeladen haben. Verbindliche Zusagen gibt es nach unserer Erfahrung eher selten. Meist wissen wir erst am Tag der Messe, wen wir dort antreffen werden. So bleibt das Geschäft unberechenbar und ist schwierig vorauszuplanen.
Auch hinsichtlich des Kaufverhaltens kann man China und Kenia nicht vergleichen. China bestellt in Mengen, wobei Vorkasse kein Thema ist. In Kenia wird viel verhandelt und das Bedürfnis nach Flexibilität ist groß. Unternehmen, die bisher nur in Deutschland Geschäfte gemacht haben und nach Afrika wollen, empfehle ich ein interkulturelles Training vorab. Das macht die Kommunikation auf jeden Fall einfacher und hilft, Missverständnisse zu vermeiden.
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Das Interview führte Charlotte Rostek vom IHK-Netzwerkbüro im Juni 2022.