Marketingagentur Eurocomm Tekbiz Africa von Stephan und Rachel Bleyer

Damit deutsche Produkte in Afrika Erfolg haben, braucht es nicht nur gute Qualität und zuverlässige Vertriebspartner. Über 50 verschiedene und herausfordernde Einzelmärkte erfordern effiziente Vertriebsstrategien für eine überzeugende Positionierung auf dem Kontinent. Hier setzt die familiengeführte internationale Marketingagentur von Stephan und Rachel Bleyer mit Doppelsitz in Nairobi und Offenburg an. Im Interview berichtet das Unternehmer- und Ehepaar, wie sie ihre Agentur in Ostafrika aufgebaut haben und was wichtig ist, um deutsche Produkte auf dem ostafrikanischen Markt zu platzieren.

Kenia als „Tor nach Ostafrika“

Herr Bleyer, wie sind Sie mit Ihrer Marketingagentur in Ostafrika gelandet?

Unternehmerehepaar von Eurocomm Tekbiz Africa Rachel und Stephan Bleyer Eurocomm Tekbiz Africa Unternehmerehepaar von Eurocomm Tekbiz Africa Rachel und Stephan Bleyer

Seit 2007 bin ich im Bereich internationales Marketing aktiv und habe vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland und im deutschsprachigen Raum gearbeitet. Im März 2018 haben meine aus Kenia stammende Frau und ich unsere eigene Agentur, die InterComm GmbH, mit Sitz in Offenburg gegründet. Aufgrund des starken lokalen Netzwerks meiner Frau in Kenia war es naheliegend, auch den ostafrikanischen Markt anzugehen. So haben wir 2019 Eurocomm Tekbiz Africa in Nairobi gegründet und bereits ein Jahr danach unseren ersten großen Produktlaunch durchgeführt. Kenia ist aufgrund seiner Rolle als Tor nach Ostafrika für uns derzeit der wichtigste Markt, danach kommen die umliegenden Länder wie Tansania, Uganda, Ruanda oder Burundi. 

Was genau bieten Sie in diesen Ländern an?

Auch in Afrika unterstützen wir vor allem deutsche und europäische Mittelständler. Wir erarbeiten eine Marketingstrategie für ihre Produkte und setzen diese um. Wir stellen Klarheit über die Zielgruppen und ihre Bedürfnisse her, entwickeln passende Lösungen und helfen, das Angebot zu schärfen bzw. die Produkte an den lokalen Markt anzupassen.

Und das nicht nur beim Markteintritt? 

Genau, wir bieten eine auf Langfristigkeit ausgerichtete Marketingplanung. Wir kümmern uns um die komplette Unternehmenskommunikation auf allen Kanälen und stehen auch bei den Vertriebsfragen zur Seite. Ich nenne es gerne „Marketing mit Verantwortung“, weil wir als lokaler Vertriebspartner die Konsequenzen von Marketingfehlern selbst tragen müssten. Wir wissen aus eigener Erfahrung, was im Markt tatsächlich funktioniert und was nicht.

Netzwerkaufbau und Kundengewinnung für Produkte „Made in Germany“

Frau Bleyer, wie bauen Sie ihr Netzwerk in Kenia auf und wie finden Sie Ihre Kunden?

Um Geschäftspartner zu finden ist es wichtig, selbst vor Ort sein. So haben wir zum Beispiel im Februar 2022 an einer Delegationsreise der deutschen Auslandshandelskammer in Nairobi teilgenommen, wo wir potenzielle Kunden kennenlernen konnten. Mit einigen dieser Partner stehen wir bis heute in Kontakt und haben gemeinsame Projekte angestoßen. Auch in Deutschland nehmen wir regelmäßig an Veranstaltungen zum Afrikageschäft teil. So waren wir im September dieses Jahres beim IHK-Regionalforum Afrika der IHK Reutlingen und des IHK-Netzwerkbüro Afrika (INA). Dort konnten wir uns mit anderen in Afrika tätigen Unternehmensvertretern, Branchenexperten und Förderorganisationen austauschen und unser Netzwerk erweitern.

Was erwarten ostafrikanische Kunden von Produkten „Made in Germany“?

Made in Germany steht nach wie vor für Qualität, vor allem in den technischen Bereichen wie Maschinenbau, Werkzeuge und Fahrzeuge. Zwar ist der Preis im Vergleich zu asiatischen Produkten oft höher. Dies tritt jedoch in den Hintergrund, wenn es Möglichkeiten zur Finanzierung gibt. Wir erleben immer wieder, dass auch höhere Investitionen akzeptiert werden, wenn der erwartete Nutzen langfristig überzeugt und das Geschäft Perspektiven bietet.

Was sind Ihre erfolgreichsten Projekte in Afrika? 

Was mir sofort einfällt, ist der Launch eines mit Solarenergie betriebenen Kühlhauses der suncooling GmbH und der Kramer GmbH in Kenia. Dieses Projekt liegt uns besonders am Herzen, da aufgrund fehlender Kühlhäuser Ernteverluste für die Bauern in Kenia ein großes Problem darstellen. Solarbetriebene Kühleinheiten sind einfach zu warten und können auch in abgelegenen Gebieten ohne zusätzlichen Netzanschluss installiert werden. Die Pilotanlage haben wir im September 2020 gemeinsam mit mehr als 250 Bauern, Leitern landwirtschaftlicher Kooperativen, Vertretern der lokalen Politik sowie Obst- und Gemüseexporteuren eingeweiht. Mit unserer Marketingexpertise haben wir für eine entsprechende Medienreichweite gesorgt – alle großen Tageszeitungen, drei Fernsehsender und sechs Radiosender berichteten über das Ereignis. Seit der Inbetriebnahme läuft die Anlage einwandfrei und wird bereits von benachbarten Bauern mitgenutzt.  

Finanzierungsmöglichkeiten und interkulturelles Verständnis als Schlüssel zum Markteintritt 

Wie steht es um Konkurrenz aus China? 

Viele afrikanische Staaten möchten ihre Abhängigkeit von China beschränken und suchen verstärkt nach Partnern aus Europa. Der große Vorteil chinesischer Unternehmen besteht in der Finanzierung der Produkte und Leistungen, die sie in der Regel gleich mitbringen. 

Was raten Sie deshalb Ihren deutschen Kunden für den ostafrikanischen Markt?

Wir empfehlen deutschen Unternehmen, sich ebenfalls im Vorfeld um Finanzierungsmöglichkeiten zu kümmern. An Afrika führt kein Weg vorbei! Man braucht sich nur die schieren Zahlen vor Augen zu führen: Mit seiner jungen Bevölkerung und seinem starken Bevölkerungswachstum – im Jahr 2050 werden dort rund 2,5 Milliarden Menschen leben – ist Afrika ein wichtiger Handelspartner der Zukunft. 

Herr Bleyer, wo liegen weitere Herausforderungen? 

Eine große Herausforderung liegt für uns vor allem darin, bei unseren Kunden und Partnern auf beiden Seiten – Deutschland und Afrika – Verständnis für die jeweils andere Kultur zu wecken und Vorurteile auszuräumen. Um gemeinsam erfolgreich und nachhaltig Geschäfte zu machen, ist es wichtig, sich auf Augenhöhe zu begegnen. Als interkulturelles Paar und Geschäftspartner sind wir dabei die Schnittstelle, an die auf beiden Seiten „angedockt“ werden kann. Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit, Offenheit und vor allem ein langer Atem sind grundlegende Voraussetzungen, um in afrikanischen Märkten erfolgreich zu sein.

Was sind Ihre Zukunftspläne auf dem Kontinent? 

So viele deutsche und europäische Unternehmen wie möglich von den großen Potenzialen Afrikas zu überzeugen und sie auf dem Weg in die einzelnen Ländermärkte zu begleiten.

Das Interview führte Lisa Sidorova vom IHK Netwerkbüro Afrika (INA) im November 2023.

Erfahrungsberichte von Unternehmen in Kenia

Ostafrika: Mit Start-ups und sozialen Projekten Fuß fassen

StartHub Africa bietet in Uganda, Tansania und Kenia Entrepreneurship-Programme für Studierende an. Außerdem berät StartHub Africa Unternehmen und entwickelt neue Produkte.

Vorausgedacht: Kunststoffteile für den Maschinenbau in Afrika

Im Maschinenbau ist Afrika ein fast unbeschriebenes Blatt. Trotzdem investiert ein deutscher Zulieferer jetzt in ein Projektteam in Kenia.

Anspruchsvoll: Mode für die Mittelschicht in Uganda

Waya Collective bedient mit lokal gefertigter Mode die ugandische Mittelschicht - und nimmt bereits weitere Märkte in Ostafrika in den Blick, berichtet Gründerin Antonia Lorenz.

Mittelstandsindex: Orientierung für den Markteinstieg in Afrika

Der Mittelstandsindex Afrika analysiert 33 Länder. Seit Mai 2024 gibt es neue Funktionen. Wie deutsche Unternehmen das Tool nutzen können, erklären die Initiatoren.

Allianz: Deutsche Solartechnik für kenianische Blumenfarmen

Das Projektentwicklungsprogramm (PEP) der Exportinitiative Energie bringt deutsche Solaranbieter mit afrikanischen Unternehmen zusammen - so auch bei einer Blumenfarm in Kenia.

Verkehr auf grün: Deutsche Software für Elektrobusse in Afrika

Intelligentes Lademanagement für die erste Elektrobusflotte Afrikas - das Softwareunternehmen CarMedialab berichtet von seinen Erfahrungen beim Markteintritt.

Schachzug: Pumpenhersteller wählt Kenia für Montage

Im Juli 2023 eröffnete Wilo eine Montagehalle in Kenia. Belete Matebe, Geschäftsführer von Wilo East Africa, begleitete den Übergang zur lokalen Montage.

Verpackungstechnik: Deutsche Qualitätsmaschinen für Ostafrika

Afrikas Nahrungsmittelmarkt wächst und damit der Bedarf an Verpackungen. Die SN Maschinenbau GmbH plant den Markteintritt in Ostafrika - mit Unterstützung der AHK Nairobi.

Heißes Eisen: Schweißtechnikfirma will über Marokko nach Westafrika

Der hessische Schweißtechnikhersteller Abicor Binzel hat in Marokko eine Niederlassung eröffnet. Denn auch bei diesem Mittelständler gilt das Land als Tor nach Westafrika.

Neue Märkte: mit Geduld und Unterstützung in Westafrika expandieren

Kälte- und Klimatechnik ist in Afrika immer stärker gefragt, etwa bei der Kühlung von Lebensmitteln. Die BITZER Gruppe hat inzwischen in vier Ländern eigene Niederlassungen.

Kenia baut privaten Gesundheitssektor aus

Der Investitionsbedarf in Kenias Gesundheitssektor ist groß. Brenda Kokwaro, Branchenexpertin für Gesundheitswirtschaft an der AHK Kenia, berät deutsche Unternehmen vor Ort.