Uushona Nghiumbwavali von global office in Windhoek, Namibia
Der Telefondienstleister global office aus Montabaur bietet In- und Outbound-Kommunikation für private und öffentliche Auftraggeber, um schnelle Erreichbarkeit und persönliche Kommunikation zu ermöglichen. Die Dienstleistungen und Produkte gehen dabei über normale Call Center-Lösungen hinaus. Sie umfassen zum Beispiel medizinische Hotlines, Auftragsabwicklung, Buchungen, Terminvereinbarungen, Veranstaltungsanmeldungen sowie technischen Support. Das Franchise-Modell ist in Deutschland und Österreich bereits erfolgreich im Einsatz, unter anderem in Behörden, im Gesundheitswesen, bei Energieversorgern, Einzel- und Großhändlern, Autohäusern und Hotels. Seit Juli 2021 baut das Unternehmen ein eigenes Dialog Center in Namibia auf.
Im Interview erzählen Anke Westerveld und Johanna Krämer, warum Namibia ein interessanter Markt ist und welche Rolle Ausbildungsgänge und Austauschprogramme bei der Expansion in Afrika spielen.
Erreichbarkeit und persönliche Kommunikation sind auch in Afrika wichtig
Frau Westerveld, was bieten Sie in Namibia an?
Wir sind ein Sekretariat für andere Unternehmen. Unser Dialogkonzept kann, wie schon in Deutschland und Österreich, auch Unternehmen in Namibia durch eine bessere telefonische Erreichbarkeit wirtschaftlich stärken und nachhaltig erfolgreicher machen.
Durch die Gründung des eigenen Unternehmens in Namibia entstehen außerdem anspruchsvolle und dauerhafte Arbeitsplätze in der Telefonie und im Dialog Center-Management. Wir planen den Aufbau mehrerer eigener Dialog Center in Namibia, analog zu unseren Aktivitäten in Deutschland und Österreich. Mit unserem Franchise-Ansatz schaffen wir gleichzeitig unternehmerische Strukturen im Land, die neue Chancen zum Beispiel für Absolventen namibischer Hochschulen bieten.
Was hat Sie von Namibia als potenziellem Markt überzeugt?
Es gibt viele Gründe, die für Namibia sprechen. Allen voran hat das Land große Ziele: Namibia soll dem nationalen Entwicklungsplan zufolge bis 2030 den Lebensstandard eines Industrielands erreichen. Von Vorteil ist auch, dass enge Beziehungen und ein großes Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit zwischen Namibia und Deutschland bestehen. Ein weiterer Pluspunkt sind die 48 Partnerschaften zwischen deutschen und afrikanischen Hochschulen. Dadurch haben wir die Möglichkeit, deutsch- und englischsprachige Studierende und Absolventen in der Telefonie und im Management zu beschäftigen.
Es gibt auch einige deutsche Unternehmen in Namibia, diese gehören zu unseren ersten Kunden vor Ort. Geplant ist aber auch, namibische Unternehmen anzusprechen, um den Vertrieb in Namibia Schritt für Schritt auszubauen.
Darüber hinaus hat unser Geschäftsführer, Erik Krömer, Familienangehörige in der zweiten und dritten Generation in Namibia. Daher war ein tiefes Interesse am Land von Anfang an vorhanden. Er hat Namibia oft bereist und große wirtschaftliche Potenziale dort gesehen.
Qualifizierte Ausbildung ist der Schlüssel zum Erfolg
Wie finden Sie geeignetes Personal in Afrika?
Ein wichtiges Ziel ist es, neue Ausbildungsgänge vergleichbar mit der deutschen Aus- und Fortbildung zum Kaufmann/zur Kauffrau für Dialogmarketing einzuführen, die Beschäftigung von Werkstudierenden zu ermöglichen und duale Studiengänge zu unterstützen. Daher planen wir den Aufbau eines zertifizierten Ausbildungszentrums in Namibia für Telefon-Professionals und Dialog Center-Agenten vor. Die von global office ausgebildeten Kräfte haben dann nicht nur bei uns, sondern auf dem gesamten namibischen Markt gute Arbeitschancen, zum Beispiel in Service- und Kundencentern der Industrie, in Handels- und Dienstleistungsunternehmen, im Tourismus oder in Behörden.
Weiterhin arbeiten wir an internen Austauschprogrammen für Auszubildende, Studierende und Mitarbeitende in Deutschland und Namibia. Und wir kümmern uns um interkulturelle Begegnungen und Pflege der deutsch-namibischen Freundschaft. Wir möchten langfristig berufliche Chancen vor Ort schaffen. In Kooperation mit der Stiftung zur Förderung von Bildung und Erziehung, Fly & Help, haben wir eine global office-Schule in Otjirumbu, Kaokoveld aufgebaut und in Betrieb genommen. Die offizielle Eröffnung findet Anfang Dezember dieses Jahres statt. So können wir die Zukunft von Jugendlichen über die Schullaufbahn hinaus mit Jobangeboten absichern. Analog zu unserer Zertifizierung in Deutschland bereiten wir auch in Namibia eine Zertifizierung für ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit durch das Deutsche Institut für Nachhaltigkeit und Ökonomie vor.
Was ist aus Ihrer Sicht ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Da es bei unserem Geschäftsmodell um Kommunikation geht, ist die qualifizierte Ausbildung der Mitarbeitenden ganz entscheidend für den Erfolg. Daneben hat die langjährige praktische Erfahrung im Aufbau vergleichbarer Strukturen von Callcentern in Deutschland sehr geholfen – mit unserer Kollegin Johanna Krämer, Country Manager Namibia, haben wir eine erfahrene global office-Pionierin im Management, die das Projekt und die Geschäftstätigkeiten in Windhoek entwickelt, koordiniert und leitet. Es besteht gegenseitiges Interesse an der jeweils anderen Kultur und an der interkulturellen Anpassungsfähigkeit im Aufbau des Teams vor Ort. Der neu gewachsene Zusammenhalt hat sich gezeigt, als eine unserer Mitarbeiterinnen von der Corona-Welle in Namibia erfasst wurde. In dieser Zeit hat das neue elfköpfige Team sie engagiert unterstützt. Die Gastfreundschaft, das „Kümmern“ und die starke Identifikation mit dem neugegründeten Unternehmen waren beeindruckend und sehr motivierend.
Wichtig für den Erfolg sind auch gute persönliche Kontakte und ein starkes Netzwerk der handelnden Akteure in Namibia. Und natürlich setzen wir uns mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen im Land auseinander.
Enger Draht zwischen Zentrale, global office Namibia und Partnern
Wie entstehen Kooperationen vor Ort?
Die Gründung eines eigenen Unternehmens in Windhoek hat enorm dazu beigetragen, dass wir wirkungsvolle Kooperationen und eine effektive Zusammenarbeit vor Ort aufbauen konnten. Kooperationen sind aber auch dadurch entstanden, dass wir eigene Mitarbeitende und eine Führungskraft vor Ort eingestellt haben. Wir pflegen einen engen Kontakt zwischen der Standortleitung und dem Team in Windhoek – durch tägliche Videochats, virtuelle Meetings, Schulungen und wöchentliche Jour Fixe-Termine. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist der persönliche Austausch durch mehrfache Besuche des Standortes pro Jahr.
Es ist uns gelungen, in Namibia einen neuen Standort zu etablieren und damit den Grundstein für die weitere Expansion in Afrika zu legen. Momentan sind wir ein Team von elf Personen. Bis zum Juli 2022, zum einjährigen Bestehen unseres Unternehmens in Namibia, möchten wir bereits auf 40 bis 50 Mitarbeitende wachsen.
Wie haben Sie von den öffentlichen Unterstützungsmöglichkeiten erfahren?
Unsere erste Anlaufstelle war Karina Szwede von der IHK Koblenz. Sie hat uns schnell mit engagierten Ansprechpartnern des BMWi (IHK-Netzwerkbüro Afrika und Wirtschaftsnetzwerk Afrika), der AHK, der GIZ und der GTAI zusammengebracht. Dadurch hat sich ein tragfähiges, wertvolles Netzwerk an Partnern und Kontakten für uns entwickelt. An dieser Stelle möchten wir uns bei allen Unterstützern bedanken. Sie haben uns sowohl bei der Finanzierung, bei der Gründung als auch bei persönlichen Anliegen wie zum Beispiel Visa enorm unterstützt.
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Das Interview führte Charlotte Rostek vom IHK-Netzwerkbüro Afrika im September 2021.