Wenig Konkurrenz und viel Wachstum: In vielen afrikanischen Ländern finden Start-ups ein ideales Marktumfeld. Damit es immer mehr Jungunternehmen auf den Chancenkontinent zieht, bieten zahlreiche Organisationen und Investoren Unterstützung. Sie wissen: Machen Start-ups den ersten Schritt, profitieren am Ende auch alteingesessene Unternehmen.
Afrikas wachsende Start-up-Szene ist nicht nur aus afrikanischer Sicht interessant. Auch für internationale Unternehmen lohnt sich der Blick auf die entstehenden Ökosysteme. Länder wie China oder auch die USA arbeiten bereits aktiv mit Start-ups auf dem afrikanischen Kontinent zusammen. Deutschen Gründern bietet der Bundesverband Deutsche Startups e.V. (BVDS) Hilfestellung an. Er unterstützt deutsche Start-ups beim Markteintritt in Afrika und vernetzt sie mit Unternehmen und Ansprechpartnern vor Ort.
Start-ups lösen nicht nur die Probleme der Menschen vor Ort. Aus diesen Unternehmen erwächst Afrikas neue Mittelschicht. Davon profitieren deutsche Mittelständler und Familienunternehmen, die hier Partner finden.
Dr. Christian Lindfeld, Bundesverband Deutsche Startups e.V.
Investitionen in afrikanische Start-ups steigen
Ob Lagos, Nairobi, Johannesburg oder Kigali - in vielen afrikanischen Städten entwickelt sich die Gründerszene dynamisch. Gleichzeitig fließt immer mehr Risikokapital in Start-ups auf dem afrikanischen Kontinent.
Mehr als 5 Milliarden US$ investierten internationale Geldgeber 2021 in afrikanische Start-ups.
Betrug das Finanzierungsvolumen im Jahr 2017 noch 560 Millionen US-Dollar, investierten internationale Geldgeber 2021 mehr als fünf Milliarden US-Dollar, so die Berechnungen der Investitionsplattform Investitionsplattform Partech. Im Corona-Jahr 2020 nahm das Investitionsvolumen zwar ab und sank auf 1,4 Milliarden US-Dollar, aber: Die Anzahl der Investoren nahm zu – im Vergleich zu 2019 um fast ein Viertel.
Viele Regierungen auf dem Kontinent unterstützen die Entwicklung und tun einiges, um die Rahmenbedingungen für Existenzgründungen zu verbessern, indem sie zum Beispiel Start-up-Gesetze erlassen. Denn die Jungunternehmer leisten einen wichtigen Beitrag zu mehr wirtschaftlichem Erfolg. In den meisten afrikanischen Ländern fehlt eine industrielle Basis, die Wertschöpfung ist gering und in der Folge fehlt es an ausreichend Jobs, vor allem für die junge Bevölkerung.
Start-up Hotspots in Afrika
Wichtig ist es, genau hinzusehen und zwischen einzelnen Regionen und Ländern zu differenzieren. Die Start-up-Szene ist ganz unterschiedlich aufgestellt, bedient verschiedene Märkte und Branchen. Besonders hoch im Kurs stehen Nigeria, Kenia, Ägypten und Südafrika. Auf diese vier Länder entfielen 2020 laut Angaben des Subsahara-Afrika-Blogs der IHK Neuss rund 80 Prozent des gesamten Investitionsvolumens in Start-ups. Aber auch Ghana könnte zu diesen Start-up Hotspots aufschließen.
Fünf Fact Sheets des AfricaBerlin Networks geben eine Übersicht zu ausgewählten Start-up-Ökosystemen in Afrika (auf Englisch). Start-up Market Access Summaries: Ägypten | Ghana | Kenia | Südafrika |
Die meisten finanziellen Mittel fließen dabei in FinTech-Unternehmen. Digitale Finanzdienstleistungen sind in Afrika erfolgreich, weil die Menschen dort sonst kaum Zugang zu ihnen haben und nur wenige einen klassischen Bankaccount besitzen. Inzwischen ist in sieben afrikanischen Ländern "Mobile Money" möglich, das Bezahlen mit dem Mobiltelefon.
7 Unicorns gibt es in Afrika - 5 davon im Finanzbereich.
Weitere FinTech-Angebote sind auf dem Vormarsch: So können Nutzer etwa Mikrokredite oder Versicherungen per Handy komplett digital abwickeln. Gerade in ländlichen Regionen profitieren Menschen von diesen Services. Insgesamt gibt es auf dem afrikanischen Kontinent sieben "Unicorns" – also Startups, die mehr als eine Milliarde Dollar wert sind. Fünf davon sind im Finanzbereich aktiv.
Neben den FinTechs sind in Afrika Start-ups erfolgreich, die wirtschaftliche Schlüsselsektoren digitalisieren, etwa AgrarTech, Logistik und Mobilität, Off-Grid-Lösungen und HealthTech. Das Start-up Clinic Agro in Kamerun hat beispielsweise eine App entwickelt, die Landwirte bei der Bodenanalyse unterstützt. Mithilfe eines Messgeräts können die Landwirte den pH-Wert des Bodens bestimmen oder Pflanzen auf Krankheiten prüfen. Anschließend empfiehlt die App, welche Gewächse auf dem Boden gut gedeihen oder welche Pflanzenschutzmittel benötigt werden.
Die Start-up-App AgriShare vernetzt Kleinbauern in Simbabwe und Uganda, um Maschinen oder Dienstleistungen zu teilen. Das Projekt der Welthungerhilfe trägt so dazu bei, die Produktivität der Kleinbauern zu verbessern und ihr Einkommen zu steigern.
Vernetzte Start-ups Ökosysteme
Gute Ökosysteme für Start-ups in Afrika bieten stabile politische und rechtliche Rahmenbedingungen sowie die Nähe zu Einrichtungen und Institutionen, die Innovationen aktiv fördern. Dazu zählen Universitäten und Forschungseinrichtungen, Co-Working-Spaces, Venture-Capital Investoren oder internationale und nationale Konzerne.
Der Blink Global Startup Ecosystem Index 2021 wertet für sein weltweites Ranking die Daten von rund 100 Regierungsbehörden aus. Innerhalb Afrikas liegt die nigerianische Metropole Lagos vorne. Aus Nigeria kommen gleich zwei "Unicorns" - der Onlinehandel Jumia und das FinTech Interswitch.
Mit Platz 122 findet sich die nigerianische Metropole direkt hinter Sofia und noch vor Kyoto und Köln. Weitere Plätze im Ranking belegen Nairobi (Kenia) mit Rang 136 sowie Kapstadt und Johannesburg (Südafrika) auf den Plätzen 145 bzw. 152, gefolgt von Kairo (Ägypten) auf Platz 180 und Kigali (Ruanda) auf Platz 265.
All diese Start-up-Hotspots bieten gute Netzwerke für junge Unternehmen. So punktet Nairobi mit der Nähe zu University of Nairobi und als Standort von IBM, Intel und Microsoft. Kapstadt bietet die Stellenbosch University, die University of Cape Town und Tech-Unternehmen wie Amazon Südafrika, Thawte, Naspers, Entersekt, PayFast und Snapscan.
Im Westen Afrikas gilt Ghanas Hauptstadt Accra schon seit einigen Jahren als Paradies der Technologiebranche und zieht sogar Interessenten aus dem Silicon Valley an. Auch Senegal setzt viel daran, von den Innovationen der Jungunternehmer zu profitieren und Kapital anzulocken. Dafür hat der westafrikanische Staat im Jahr 2019 ein Start-up-Gesetz verabschiedet. Darin enthalten: schlankere Bürokratie und Steuervergünstigungen.
Geschäftschancen für deutsche Gründer
Der afrikanische Kontinent kann gleichzeitig für deutsche Jungunternehmen ein interessanter Absatzmarkt sein. Das Berliner Start-up solarworx hat diese Chance erkannt. Das junge Unternehmen verkauft seine Off-Grid-Solaranlagen inzwischen in 16 afrikanischen Ländern, mit Teams in Deutschland und in Afrika. Die ersten Anlagen lieferte das Unternehmen nach Kamerun und in den Senegal. Die Anlagen funktionieren unabhängig vom Stromnetz und wandeln Sonnenenergie in Strom um.
Afrika hat riesige und noch nicht erschlossene Märkte mit entsprechend wenig Konkurrenz. Das kann für deutsche Start-ups sehr lukrativ sein.
Felix Boldt, CEO Solarworx
Die Nachfrage nach Boldts Solaranlagen dürfte in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Der Strombedarf steigt und bis zum Jahr 2050 sollen Hochrechnungen zufolge knapp zwei Milliarden Menschen in Afrika leben. Sie brauchen aber nicht nur Strom, sondern auch intelligente Lösungen in vielen anderen Bereichen, etwa in der Wasserversorgung oder in der Landwirtschaft.
Ein Beispiel ist Boreal Light aus Berlin. Das Unternehmen hat eine solarbetriebene Wasseraufbereitungsanlage entwickelt. Sie fördert Brackwasser oder Salzwasser aus den vorhandenen Quellen und filtert es zu Trinkwasser. Das übrige salzhaltige Wasser wird kostenfrei für Duschen oder Toiletten abgegeben oder auch in der Landwirtschaft und Fischzucht verwendet.
In vielen Branchen, Sektoren und Ländern auf dem afrikanischen Kontinent können deutsche Start-ups sehr viel bewegen. Sie tragen mit ihren Innovationen zur weiteren wirtschaftlichen Entwicklung vor Ort bei. Davon profitieren auch deutsche Mittelständler und Familienunternehmen, die in Afrika aktiv sind. Sie bekommen etwa besseren Zugang zu einer stabilen Energie- und Wasserversorgung oder zu Finanz- und Logistikdienstleistungen. Auf dieser Basis können sie Lieferketten weiter ausbauen oder neue Geschäftsmodelle etablieren. Wenn Traditionsunternehmen und Start-ups zusammen neue Wege gehen, ermöglichen sie wirtschaftlichen Fortschritt für den gesamten Kontinent.
Juni 2022 | Autorin: Daniela Vaziri
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