In Afrika werden Medikamente nicht nur in Geschäften, sondern auch an der Straße verkauft, darunter sind immer wieder Fälschungen.
Fälschungen sind in Afrika weit verbreitet und können gravierende Folgen haben, wenn etwa Medikamente oder Dokumente betroffen sind. Das deutsche Unternehmen authentic.network hat mittels Blockchain-Technologie ein digitales Siegel entwickelt, das Produkte fälschungssicher macht. So lassen sich zum Beispiel Medikamente mit dem digitalen Siegel und dazugehöriger App zweifelsfrei identifizieren. In Côte d’Ivoire hat authentic.network zunächst in einem Pilotprojekt Malariamedikamente mit seiner Technologie ausgestattet, anschließend 20 Millionen Atemschutzmasken zum Schutz vor COVID-19. Nach diesem Startschuss begann das Unternehmen mit dem Markteintritt in mehreren Ländern Afrikas. CEO Frank Theeg verrät, warum ein gut ausgebautes Netzwerk wichtig ist und warum er trotz großer Herausforderung nicht den Mut verliert.
Produktschutz mit Blockchain-Technologie
Herr Theeg, welche Produkte bietet Ihr Unternehmen an?
Wir haben eine Blockchain-Technologie entwickelt, die auf einem Fälschungsschutz für jegliche Güter und Dokumente basiert. Dieses digitale Siegel funktioniert ähnlich wie ein QR-Code und wird beispielsweise auf die Verpackungen von Medikamenten aufgeklebt. Mit der kostenlosen authentic.app kann jeder das Siegel mit dem Smartphone einscannen und innerhalb von Sekunden prüfen, ob es sich um ein Original oder eine Fälschung handelt.
Wo bieten Sie Ihre Produkte in Afrika an und was hat Sie von den dortigen Märkten überzeugt?
Die Hauptmärkte für unsere Technologie sind Côte d‘Ivoire und Ruanda. Außerdem sind wir im Senegal sowie in Togo, der Demokratischen Republik Kongo und Niger mit den Behörden in Verhandlungen. Da viele afrikanische Länder ein massives Problem mit der Fälschung von Produkten, Medikamenten und Dokumenten haben, sehen wir auch in weiteren Ländern potenzielle Märkte. Bisher gab es noch keine konkrete Lösung zur Eliminierung von Fälschungen. Mit unserem Siegel und der App hoffen wir, die Kriminalität in diesem Bereich zu senken, und schließen damit eine Marktlücke.
Netzwerke als Schlüssel zum Erfolg beim Markteintritt
Was hat Ihnen beim Markteintritt besonders geholfen?
Am Anfang war es sehr mühsam, doch dank der Vision, mit unserer Technologie Leben zu retten, haben wir Wege gefunden. Beim Markteintritt war es vor allem wichtig, sich Schritt für Schritt ein Netzwerk aus Kontakten aufzubauen. Besonders die Kooperation mit der jeweiligen Botschaft war sehr hilfreich. Vor Ort können Netzwerke wie die Auslandshandelskammern (AHKs) oder spezialisierte Beratungsunternehmen beim Einstieg in Afrika helfen. Nach dem Eintritt ist es elementar, eigene spezifischere Netzwerke aufzubauen.
Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Als Neuling beim Afrikageschäft mussten wir uns zunächst orientieren. Über die verschiedenen Netzwerke, Vereine und Veranstaltungen verschafften wir uns einen Überblick über die Angebote zur Unterstützung. Anfangs war es nicht ganz einfach zu verstehen, wer uns wie unterstützen kann, denn die Angebote sind sehr vielfältig. Wir haben viele Fragen gestellt und schließlich über die Geschäftsstelle des Wirtschaftsnetzwerks Afrika Kontakt zum IHK-Netzwerkbüro Afrika erhalten. Dort bekamen wir einen guten Überblick zu den Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und die Angebote der AHKs in Afrika.
Wir haben recht schnell gelernt, wer wo und wie helfen kann, um wieder einen Schritt weiterzukommen. Ebenso haben uns die Erfahrungen anderer Unternehmen, die in den angepeilten Regionen unterwegs sind, sehr weitergeholfen.
Wie ist Ihre Branche in Afrika aufgestellt?
Grundsätzlich ist der Markt sehr stark unterversorgt, was Produkte zum Fälschungsschutz betrifft. Ein häufiges Problem beim Markteintritt ist, dass die Verantwortung in der Regel bei den Institutionen liegt und Entscheidungen nur sehr langsam umgesetzt werden. Direkte Wettbewerber sind vor allem französische Unternehmen im frankophonen Afrika. Diese haben per se eine bessere Ausgangsposition und werden sowohl im Land als auch durch Frankreich stärker unterstützt. In diesen Ländern muss man technologisch deutlich besser aufgestellt sein, um Erfolg zu haben. In Südafrika treffen wir eher auf globale Konzerne als Wettbewerber, die stark vernetzt sind. Auch hier geht es dann nur über bessere Technologien.
Was war Ihre bisher größte Herausforderung?
Eine unserer größten Herausforderungen war die Zusammenarbeit mit den Institutionen vor Ort. Sie arbeiten sehr länderspezifisch, dennoch konnten wir einen roten Faden erkennen: Zusagen werden selten eingehalten und es braucht viel Überzeugungskraft, um voranzukommen. Dafür mussten wir uns ein dickes Fell zulegen. Zudem ist die Organisationskultur oft paternalistisch, das heißt der Minister entscheidet so gut wie alles, ebenso der Präsident einer Vereinigung oder der regionale Geschäftsführer. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es wesentlich ist, mit der wichtigsten Person in der Hierarchie zu kommunizieren, sonst verrennt man sich.
Was raten Sie anderen deutschen Unternehmen mit Interesse an Afrika?
Lassen Sie sich nicht von Ihrem Vorhaben abbringen! Ich schätze, dass im Durchschnitt neun von zehn Personen nicht bereit sind weiterzuhelfen. Doch es findet sich immer mindestens eine Person, die sich einbringen und etwas verändern möchte. Diesen einen Kontakt gilt es zu finden, egal auf welcher Ebene, in welchem Bereich oder in welchem Netzwerk. Gemeinsam mit dieser einen Person können Sie etwas bewegen und erfolgreich sein. Mit den anderen muss man sich arrangieren. Nehmen Sie es also nicht allzu schwer, wenn es nicht zu Anfang sofort Ergebnisse gibt, und seien Sie geduldig.
Weiterführende Informationen
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Das Interview führte Charlotte Rostek vom IHK-Netzwerkbüro Afrika im Dezember 2021.