Mango Schälprozess
Nüsse und Früchte von Seeberger sind nicht eben billig. Der Snack-Spezialist aus Ulm tut aber auch viel dafür, dass er gute Qualität ins Haus bekommt. "Für unsere Lieferanten sind wir der schwierigste Partner", sagt Ralph Beranek dazu. Im Interview schildert der Seeberger-Geschäftsführer, worauf er beim Bezug von Cashewkernen aus Côte d'Ivoire oder von getrockneten Mangos aus Ghana achtet.
Gute lokale Verarbeitungspartner sind schwer zu finden
Herr Beranek, wie stellen Sie bei Ihren Lieferanten aus Afrika Qualität und Liefertreue sicher?
Indem wir nur mit solchen Firmen zusammenarbeiten, die unseren hohen Ansprüchen genügen. Das sind Verarbeiter - wir kaufen nicht direkt von Landwirten -, die uns pro Monat mindestens einen, eher zwei Container schicken. Das minimiert die Zahl unserer Partner. Diesen überschaubaren Kreis können wir intensiv überwachen und unterstützen, auch mit Besuchen alle drei oder höchstens sechs Monate.
Wie finden Sie solche leistungsfähigen Partner?
Das ist tatsächlich schwierig. Cashewkerne gab es lange Zeit nur aus Indien. Nur dort hatte sich eine industrielle Verarbeitung von Cashewfrüchten etabliert, später auch in Vietnam und anderen asiatischen Ländern. Cashewkerne aus Afrika, wo man die Bäume ab Anfang des letzten Jahrhunderts zur Eindämmung der Wüsten pflanzte, kamen nur über den Umweg der Verarbeitung in Indien zu uns. Also kontaktierten wir potenzielle Lieferanten direkt in Kenia und Tansania – leider ohne Erfolg. Stets hakte es irgendwo, bei den Mustern oder spätestens bei den Probelieferungen.
Und wie hat es mit den Cashewkernen aus Afrika dann geklappt?
Letztlich durch einen langjährigen indischen Partner, der unsere Anforderungen kannte und dem auch wir vertrauten. Er wollte eine Cashew-Verarbeitung in Côte d'Ivoire aufbauen und brauchte für die erste Phase einen sicheren Kunden. Das waren dann wir. Bei unseren Mangos aus Ghana lief es ähnlich. Dort baute eine Schweizer Firma eine Verarbeitung auf - aber erst, nachdem wir ihnen als Ankerkunde eine sichere Warenabnahme garantiert hatten.
Bessere Qualität - höhere Preise
Was muss Ihnen ein Lieferant denn bieten?
Es beginnt mit der Exportlizenz. Der Partner muss uns direkt beliefern können, wir wollen keine Handelsstufe dazwischen. Er muss zudem einen gewissen Kapitalstock haben: Wir bezahlen eine Lieferung erst, wenn sie in Ulm angekommen ist und wir sie begutachtet haben. Normalerweise zahlt der Kunde mit Verschiffung der Ware. Kleine Lieferanten können solche Verzögerungen finanziell oft nicht überbrücken, und günstige Finanzierungen sind in Afrika schwer zu bekommen. Das gilt auch für Investitionen. Die Schweizer brachten das Geld für ihre Mango-Verarbeitung in Ghana praktisch mit.
Und der Lieferant muss die Verarbeitung komplett beherrschen?
Ja. Bei Cashews zum Beispiel ist es nicht trivial, den Kern sauber und effizient aus der Frucht zu pulen. Unsere Partner brauchen dafür die richtige Technik und haben Ingenieure, die oft noch aus Indien oder Vietnam kommen. Sie müssen auch die minderwertige Ware aussortieren, die es in jeder Produktion gibt, schlechte Kerne oder verdorrte Datteln. Wir in Deutschland haben dafür keine Kapazitäten. Zudem müssen unsere Lieferanten unseren strengen Kriterien der Nachhaltigkeit genügen.
Wohltätige Gaben verteilen Sie also nicht in Afrika.
Dafür ist unsere Stiftung da. Im Geschäft selbst sind wir extrem fordernd. Neue Partner müssen viel Ausdauer mitbringen und sich auf dicke Ordner einstellen. Wenn wir bei einem Lieferanten zum zweiten Mal einen Container beanstanden, ist er angezählt, beim dritten Mal hat er keine Chance mehr. Wir belohnen in unseren Verträgen aber auch Qualität mit höheren Preisen und Leistung mit Treue. Bei manchen Lieferanten hat Seeberger schon mit dem Opa zusammengearbeitet.
Verarbeiter kontrollieren und unterstützen Bauern
Sind Ihre Lieferanten stark von Ihnen abhängig?
Genau das versuchen wir zu vermeiden. Einen kleinen Teil unserer Mangos aus Ghana bezogen wir früher von einer Genossenschaft, zwei Container im Jahr. Bei einem Besuch in deren entlegenem Dorf spürten wir, dass irgendetwas nicht stimmte, die Stimmung war schlecht. Der Grund: Im Jahr davor hatten wir einen Container wegen Qualitätsmängeln abgelehnt. Was wir nicht wussten: Wir waren der einzige Kunde dieser Genossenschaft. Denen brach mit unserer Stornierung der halbe Umsatz weg. Das stürzte sie und die zuliefernden Landwirte der Umgebung in Armut. Danach war mir klar: Diese Verantwortung kann und will ich nicht tragen. Es braucht größere Lieferanten, die einen abgelehnten Container an andere, weniger fordernde Kunden verkaufen können. Und die so einen Ausfall auf mehr Schultern verteilen können.
Kontrollieren Sie die Qualität denn bis zur Scholle?
Nicht direkt. Unsere Partner, die Verarbeiter, geben unsere Anforderungen an die Erzeuger weiter. Üblicherweise sind dies Genossenschaften, zu denen sich kleine Bauern zusammengeschlossen haben und die sich bei unseren Verarbeitern als Lieferant bewerben.
Warum kontrollieren Sie nicht auch die landwirtschaftliche Erzeugung?
Die Vielzahl der Erzeuger und auch der Genossenschaften könnten wir nie selbst überwachen. Das können nur die Verarbeiter, die wiederum wir unterstützen und überwachen. So wie beim letzten Besuch unserer beiden größten Cashewkern-Verarbeiter in Côte d'Ivoire im April: Wir haben einen Eindruck davon bekommen, wie sie den zuliefernden Bauernkooperativen mit Bildung, Shuttlebussen und Bewässerung helfen. Oder vielleicht auch mal bei Stammesstreitigkeiten klären, weil sonst schnell die Arbeitskräfte ausbleiben können. Solche Dinge sind extrem wichtig. Effizienz und gute Qualität bekommen Sie nur, wenn es auch den Bauern gut geht. Sie müssen schließlich die Cashewbäume richtig bewässern oder die Früchte während der Ernte täglich ablesen, damit keine schlechten dabei sind.
Ausbau der Wertschöpfungskette schafft Arbeitsplätze
Solche Bemühungen fördern auch den gesamten Sektor in den Anbauländern?
Wir haben in Côte d'Ivoire inzwischen drei weitere Lieferanten von Cashewkernen und wollen dort noch mehr gewinnen. In der gesamten Branche sind dort in den letzten fünf Jahren schätzungsweise 10.000 Arbeitsplätze entstanden, maßgeblich durch den Aufbau von Verarbeitungsbetrieben. Unser Schweizer Mangolieferant in Ghana beschäftigt inzwischen 1.000 Leute und 1.000 weitere in Côte d'Ivoire. Aus der Schweiz kommt dabei nur noch einer der zwei Geschäftsführer.
Unterstützt die Politik die Branche?
Ja. Die ivorischen Behörden und auch die anderer Länder wie Ghana wollen Bildung für ihre Menschen sowie ausländische Investitionen. Sie bemühen sich sehr um Energieversorgung, Sicherung der Eigentumsrechte und andere Rahmenbedingungen.
Zertifizierungen sichern Zugang zum Massenmarkt
Häufig scheitern afrikanische Agrarprodukte in Europa an Zertifizierungen. Ein Thema für Sie?
Von unseren Lieferanten fordern wir vor einer ersten Lieferung HACCP, das ist die Mindestzertifizierung für die Produktion. Unsere Kunden vom Einzelhandel fordern daneben weitergehende Labels wie nach DIN/ISO oder International Food Standards (IFS). Wir haben die natürlich, und das reicht unseren Abnehmern. Zusätzliche Zertifizierungen sind in einem ersten Schritt eher wichtig für den Massenmarkt. Und das ist nicht unser Revier.
Das müssen Sie erklären.
Wir prüfen unsere Lieferanten ja selbst auf Herz und Nieren. Anbieter etwa von Handelsmarken in den hiesigen Supermärkten können so eine Überprüfung selbst nie leisten. Die müssen sich auf die gängigen Zertifizierungen verlassen, die allgemeine Standards festlegen.
Ihre Lieferanten erwerben also keine weiteren Zertifizierungen?
Doch. Auch für uns sind in einem zweiten Schritt DIN/ISO oder IFS wichtig. Unsere Lieferanten wiederum brauchen diese Labels oder auch das Fairtrade-Siegel für den Massenmarkt, denken Sie an das Dorfbeispiel und die Mangos aus Ghana. Da, wo es um mittlere Qualitäten geht, wo die eine oder andere schlechte Nuss dabei ist oder eine zu weiche Mango. Unser Lieferant braucht mehr Abnehmer als nur uns. Wir sind immer nur an den besten zehn oder zwanzig Prozent der Produktion interessiert. Der Verarbeiter muss aber auch den Rest verkaufen können.
Das Interview führte Ulrich Binkert von Germany Trade & Invest im Juli 2023.
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