DTRT Apparel Group in Ghana

Bekleidungsfabrik der DTRT Apparel Group in Ghana

Das Unternehmen DTRT (Do the Right Thing) Apparel produziert in Ghana nachhaltig Kleidung. Marc Hansult hat die Firma 2013 zusammen mit einem Partner aus San Diego und einem ghanaischen Partner gegründet. Die Vision: von der Macht der globalen Bekleidungsindustrie mit einem weltweiten Umsatz von fast 2 Billionen US-Dollar zu profitieren, um greifbaren sozialen Nutzen und wirtschaftliches Wachstum in Westafrika zu schaffen. Dafür steht "Do the Right Thing". Im Interview berichtet Marc Hansult, wie die Geschäftspartner DTRT Apparel in Ghana aufgebaut haben, welche Rolle Nachhaltigkeit spielt und wie sie dank einer Finanzierung durch die DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft die Produktion erweitern konnten.

DEG finanziert den Aufbau der Produktion

Herr Hansult, warum haben Sie Ghana als Standort für Ihre Produktion ausgewählt?

Marc Hansult, Mitgründer und Co-CEO des Bekleidungsherstellers DTRT Apparel DTRT Apparel Marc Hansult, Mitgründer und Co-CEO des Bekleidungsherstellers DTRT Apparel

Ghana bietet gute Voraussetzungen für eine arbeitskraftintensive Branche, da viele Arbeitskräfte verfügbar sind. Nach einem Jahr hatten wir bereits 1.500 Mitarbeitende und jetzt sind es über 5.000. Ghana ist außerdem politisch stabil mit seiner demokratischen Regierung, die die Wirtschaft unterstützt. Die verschiedenen Religionen koexistieren hier friedlich. Das alles waren wichtige Faktoren für unsere Standortwahl.

Zudem wollten wir gerne an die Westküste Afrikas, um die Lieferzeiten in die USA zu verkürzen. Unsere Kunden sitzen vor allem in den USA mit Standorten an der Ostküste, die von Ghana aus mit kurzen Transportzeiten zu erreichen sind. Außerdem sehen wir auch steigende Anfragen aus Europa und Deutschland. Das wird für unser Wachstum mittelfristig eine wichtige Rolle spielen.

Welche Herausforderungen gab es beim Aufbau der Produktion?

Es gab keine bestehende Bekleidungsindustrie in Ghana und somit auch keine ausgebildeten Arbeitskräfte. Wir haben die Managementexpertise aus Sri Lanka und Bangladesch benötigt, um die Produktion aufzubauen und die Mitarbeitenden auszubilden. Neben dem fachlichen Know-how mussten wir auch die Soft Skills unserer Mitarbeitenden schulen, dass es zum Beispiel wichtig ist, pünktlich bei der Arbeit zu erscheinen.

Wir sind sehr schnell gewachsen in den ersten Jahren, waren aber lange Zeit nicht profitabel, weil wir eine Industrie aufgebaut haben und nicht nur eine Fabrik. Zum Glück hatten wir einen großen Kunden, der uns von Anfang an unterstützt hat und heute noch ein zufriedener Großabnehmer ist. Jetzt ist DTRT einer der größten privaten Arbeitgeber im Land und wir rechnen mit 10.000 Arbeitnehmern Ende nächsten Jahres. Das kann ein Land wie Ghana transformieren.

Sie haben ein Darlehen aus dem DEG-Programm ImpactConnect erhalten. Warum haben Sie sich für diese Finanzierung entschieden?

Wir sind stark gewachsen und brauchten Kapital, um Kapazitäten auszubauen und neue Produktkategorien einführen zu können. Mit den vergleichsweise kleinen Summen, die wir brauchten, wollte uns anfangs aber kein Partner unterstützen. Doch dann wurde 2019 AfricaConnect gestartet, das heute ImpactConnect heißt. Die DEG hat uns damit sehr professionell und gut unterstützt. Wir haben ein Darlehen zu konkurrenzfähigen Konditionen und mit sehr guten Rückzahlungsbedingungen erhalten. Diese Art der Finanzierung gibt es so nicht von einer lokalen Bank. Gemeinsam mit der DEG konnten wir über 1.000 neue Arbeitsplätze schaffen.

Der lange Lockdown zu COVID-Zeiten war dann noch mal besonders schwierig. Wir wollten den Beschäftigten ihr Basisgehalt weiterzahlen und niemanden entlassen. Die DEG hat uns dafür unbürokratisch zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt.

ImpactConnect unterstützt europäische Unternehmen bei Investitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Das Programm wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert und von der DEG umgesetzt. Unternehmen können Darlehen zwischen 750.000 und 5 Millionen Euro erhalten. Besondere Projekte, die Arbeitsplätze verbessern, Frauen wirtschaftlich stärken, faire Lieferketten fördern und CO2-Emissionen senken, können Zinsreduktionen erhalten.

Konnten Sie im Zuge Ihrer Expansion in Ghana weitere Finanzierungsmöglichkeiten auftun?

Ja. Heute sind wir breit aufgestellt mit unseren Finanzierungspartnern. Lokale Banken bieten uns Handelsfinanzierung und die International Finance Corporation (IFC) der Weltbank finanziert ein großes Projekt von uns: Wir wollen neben unseren zwei Fabriken in Accra und der Nachbarstadt Tema noch einen dritten Standort in Ghana aufbauen. Das wird eine „State of the Art“ Factory mit höherer Komplexität von Produktkategorien und einer gesteigerten Automatisierung.

Nachhaltige Produktion: gut für Beschäftigte und Kunden

Die Finanzierung durch ImpactConnect trägt zu mehr Nachhaltigkeit und sozialer Entwicklung in Ihrem Unternehmen bei. Welche Maßnahmen haben Sie umgesetzt?

Wir zahlen einen existenzsichernden Lohn für alle Mitarbeitenden, setzen grüne Technologien ein und schaffen sozialen Impact. Unsere Industrie soll grüner werden. Deshalb investieren wir viel in Stofftechniken mit weniger CO₂-Ausstoß. Zudem haben wir 70 Prozent Frauen in unserer Belegschaft.

In Ghana ist die Inflation sehr hoch und die Lebenshaltungskosten steigen kontinuierlich. DTRT bietet seinen Mitarbeitenden einen kostenfreien Transport zur Arbeit und kostenfreies Essen in den eigenen Kantinen an. Das alles zahlt sich aus in einer hohen Zufriedenheit der Mitarbeitenden und einer geringen Fluktuation.

Verlangen auch die Kunden eine nachhaltige Produktion?

Alle größeren Marken haben ihre eigenen Sustainability Standards und fordern Nachhaltigkeitskriterien bei den Produzenten sehr stark ein. ESG, also Environmental, Social and Governance, ist heute integraler Bestandteil vom Geschäft.

Wie geht es weiter? Planen Sie neue Produkte, Partnerschaften oder Initiativen?

Mit weiteren Investitionen in die Ausbildung unserer Arbeitskräfte und mit dem Bau der neuen hochmodernen Fabrik werden wir in der Lage sein, technischere Produktkategorien zu produzieren. Dazu gehören etwa Active und Yoga Wear sowie Laufbekleidung. Das eröffnet für uns signifikantes neues Marktpotential.

Wir wollen zudem die vertikale Integration vorantreiben und eine eigene Stoffproduktion aufbauen mit Fokus auf nachhaltigen Produktionsmethoden. Dadurch können wir den Wasserverbrauch um 90 Prozent und die CO₂-Emissionen um 40 Prozent reduzieren.

Zudem erweitern wir unsere Produktionsplattform und nutzen neue Technologien und Partnerschaften mit dem langfristigen Ziel, ein modernes, zirkuläres Bekleidungsökosystem aufzubauen. Der Aufbau von Recycling-Kapazitäten zur Verwertung gebrauchter Kleidung wird der letzte Meilenstein sein, um als Musterbeispiel für die zirkuläre Industrie zu gelten.

Tipps für den Markteinstieg

Basierend auf Ihren Erfahrungen, welche Ratschläge würden Sie anderen Unternehmen geben, die in Afrika investieren wollen?

Versucht einen lokalen Partner zu finden, der sich im Markt auskennt. Für uns war es strategisch wichtig, nicht nur als „foreign investor“ sondern als lokale Firma wahrgenommen zu werden. Man muss Anpassungsfähigkeit haben, die lokale Kultur verstehen und in der Lage sein, sich zu integrieren. Die Balance zwischen Know-how-Transfer und kultureller Integrität war unser Erfolgsgeheimnis.

Habt zudem eine realistische Erwartungshaltung: Es braucht Zeit, bis Profitabilität erreicht werden kann. Und zu guter Letzt: Weg mit den Vorurteilen, dass alles schwierig und korrupt ist. Afrika hat enormes Potenzial!

Das Interview führte Anne Kirschbaum von der DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft im April 2024.

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