Die AHT Group ist in Mali mit der Erneuerung von Kanälen und anderer Be- und Entwässerungsinfrastruktur betraut.
Das Beratungsunternehmen AHT GROUP GmbH bietet Management- und Ingenieurdienstleistungen in den Bereichen Wasser, Landwirtschaft, Umwelt, Governance und Abfall. Am Beispiel eines Wasserprojekts in Mali gibt Anne Willenberg, Deputy Head Water and Agriculture, Einblicke in das Geschäft mit öffentlichen Aufträgen und erläutert, wie die Zusammenarbeit mit der KfW Entwicklungsbank funktioniert.
Keine Angst vor fragilen Staaten – Die AHT GROUP in Mali
Frau Willenberg, Sie kommen gerade aus Mali zurück. Was haben Sie da gemacht?
Ich war auf einer Backstoppingreise für mehrere unserer KfW-finanzierten Projekte dort. Mali zählt zu unseren Hauptländern, vor allem für KfW-finanzierte Wasser- und Landwirtschaftsprojekte.
Worum geht es bei dem aktuellen Projekt in Mali?
Es geht um die Erneuerung von Kanälen und anderer Be- und Entwässerungsinfrastruktur im Einzugsgebiet des Niger. Der Fluss liefert über ein weites Kanalnetz Wasser für die Landwirtschaft. Vieles ist ziemlich in die Jahre gekommen und muss instandgesetzt werden. Das Projekt zielt darauf ab, 4.500 Hektar Fläche für Kleinbauern wieder oder besser nutzbar zu machen.
Es handelt sich hierbei um ein typisches KfW-Projekt mit einer Infrastrukturkomponente – also dem Bau von Be- und Entwässerungskanälen, aber auch begleitender Infrastruktur wie Lagerhäusern, Zugangspisten und Bodenschutzmaßnahmen – und sogenannten Begleitmaßnahmen. Wir sind hier als Consultants für beides zuständig. Zum einen unterstützen wir das Office du Niger in Mali dabei, Ausschreibungen vorzubereiten und durchzuführen, zum Beispiel für Bauarbeiten. Dies umfasst auch die Bauüberwachung und das Finanzmanagement der Investitionsmittel der KfW. Zum anderen konzipieren wir Trainingsmaßnahmen für die Belegschaft des Office du Niger, für die dortigen Kleinbauern und ihre Organisationen, sodass sie die instandgesetzte Infrastruktur auch optimal nutzen und betreiben können. Wir decken dabei ein breites Themenspektrum ab, das geht von der Anpassung von Anbaumethoden, um dem Klimawandel standhalten zu können, über agrarökologische Ansätze wie dem Einsatz von Biodünger und weniger Pestiziden bis zur Verbesserung statistischer Erhebungsmethoden, um verlässlicher über Ernteergebnisse berichten zu können.
Sie arbeiten bei dem Projekt im Joint Venture mit einem Unternehmen aus Mali zusammen. Warum?
Mit unserer malischen Partnerfirma BETICO arbeiten wir seit mehr als 25 Jahren zusammen. Da ist mittlerweile eine sehr enge Bindung entstanden. Wir arbeiten Hand in Hand und können uns auf die Qualität der Arbeitsergebnisse verlassen. Generell kennen lokale Firmen den Kontext vor Ort meist besser und nehmen zudem häufig die Ortskräfte unter Vertrag. Wir sind als Konsortialführer zwar mit dafür verantwortlich, dass zum Beispiel arbeitsrechtliche Bestimmungen bei allen Projektangestellten, auch denen unserer Partnerfirmen, eingehalten werden. Trotzdem erleichtert uns dieses Set-up die Arbeit sehr, weil wir uns nicht im selben Maße im Alltag mit lokalem Arbeits- und Vertragsrecht beschäftigen müssen. In großen Projekten arbeiten wir daher fast immer mit einem lokalen Partner zusammen.
Mit internationalen Partnern arbeiten wir, wenn wir oder unsere lokalen Partner einzelne Themenbereiche selbst nicht abdecken. Wir suchen auch ganz aktiv nach spezialisierten Firmen – wegen unserer vielen französischsprachigen Projekte zum Beispiel auch in Frankreich.
So läuft das Geschäft mit geberfinanzierten Aufträgen
Wie erfahren Sie von so einem Projektvorhaben überhaupt?
Mali ist eines unserer Hauptländer. Da kriegen wir mit, was geplant ist und was zum Beispiel in den Regierungsverhandlungen festgelegt wird. Wir screenen aber auch täglich die Projekt- und Ausschreibungsdatenbank von Germany Trade & Invest und andere Datenbanken. Zwei Kolleginnen bei der AHT GROUP arbeiten daran.
Und wann werden Sie aktiv?
Die Aufforderung des Auftraggebers zur Interessensbekundung ist für uns der formale Startschuss, denn dann wird es konkret. Spätestens zu diesem Zeitpunkt beginnen wir mit der Suche nach geeigneten Expert:innen. Das Wichtigste für uns ist, dass wir die richtigen Fachleute finden und mobilisieren können.
Bei dem KfW-finanzierten Projekt in Mali war das Verfahren zweistufig. Das heißt, zuerst kam die öffentliche Aufforderung zur Interessensbekundung und später die Info, dass wir auf der Shortlist sind und unser Angebot abgeben sollen.
Projektfrühinformationen können gute Anhaltspunkte geben. Nachdem ein Projekt bewilligt wurde, dauert es jedoch häufig noch relativ lange, bis die Aufforderung zur Interessensbekundung rausgeht. Insgesamt lässt sich der zeitliche Ablauf schwer planen, wir können kaum vorhersehen, wann die Projekte wirklich losgehen.
Wie lange haben Sie Zeit, um Ihr Angebot einzureichen?
Der Standardzeitraum ist bei der KfW Entwicklungsbank sechs Wochen. Gelegentlich wird dieser Zeitraum auf Antrag eines Bieters noch einmal um zwei Wochen verlängert.
Reicht die Zeit aus?
Die Frist ist meist knapp. Die Projekte und daher die Anforderungen an unsere Angebote werden immer komplexer, immer mehr Aspekte müssen in das Angebot mit rein: Genderfragen, Nachhaltigkeit und hier insbesondere die Umwelt- und Sozialstandards, und in fragilen Kontexten auch das remote monitoring, also das Überwachen des Projektfortschritts auf Distanz. Das macht die Angebote vielschichtiger und daher auch zeitintensiver.
Außerdem müssen Angebote nach wie vor oft in Papierform und zusätzlich als digitale Version auf einem USB-Stick oder einer CD abgegeben werden. Ausländische Pakete mit solchen Datenträgern müssen aber häufig durch den Zoll, was teilweise Wochen dauert. So schmelzen sechs Wochen ganz schnell auf eine zwei- bis dreiwöchige tatsächliche Ausarbeitungszeit zusammen. Wir schicken daher auch immer mal wieder jemanden kurzfristig in das Projektland, der die Unterlagen im Handgepäck im Flugzeug mitnimmt. Wir begrüßen die elektronische Abgabe von Angeboten daher sehr!
Machen Sie auch mit anderen Gebern Geschäfte?
Wir machen zwar einen Großteil unseres Umsatzes mit der KfW Entwicklungsbank, arbeiten aber auch mit vielen anderen Gebern zusammen. Also zum Beispiel mit der Europäischen Union, der Weltbank, der französischen Entwicklungsagentur AFD, mit anderen bilateralen Gebern wie LuxDevelopment aus Luxemburg, Enabel aus Belgien, und mit der Afrikanischen und der Asiatischen Entwicklungsbank.
Gibt es Unterschiede zwischen den verschiedenen Gebern?
Ja, die gibt es, wobei vieles stärker von Personen als von Institutionen abhängt. Die KfW Entwicklungsbank erleben wir häufig noch als etwas flexibler und pragmatischer als andere Geber. Dort ist zudem die Konkurrenz noch etwas weniger international als zum Beispiel bei der EU. Die EU hingegen hat viele Fragen in ihrem Vergabehandbuch PRAG sehr strikt und detailliert geregelt, das kann wiederum auch von Vorteil sein, weil es Klarheit bringt.
Worauf sollten Einsteiger achten?
Bei den Gebern braucht man immer Projektreferenzen. Einsteiger versuchen, sich Netzwerke aufzubauen und sich zunächst bei etablierten Firmen dranzuhängen. So kommen sie an Referenzen und können eines Tages allein oder mit einem lokalen Partner mitbieten.
Afrika ist ein großer Markt für Entwicklungsprojekte
Wie wichtig ist Afrika für die AHT GROUP?
Sehr wichtig! Wir machen mehr als die Hälfte unseres Umsatzes mit Afrika und der MENA-Region. Der Bedarf ist groß und es gibt sehr viele Ausschreibungen. Viele internationale Geber sind dort aktiv, vor allem in unseren Schwerpunktsektoren Wasser und Landwirtschaft. Unser Schwerpunkt auf den französischsprachigen Ländern ist entstanden, weil die Konkurrenz grade unter deutschen Firmen vor Jahren noch weniger stark war und wir bewusst auf französischsprachige Mitarbeiter:innen gesetzt haben. Von einem Schwerpunktland wie Mali erschließen wir dann die Region und sind beispielsweise auch in Niger oder Guinea erfolgreich. Dabei helfen uns auch die regionalen Netzwerke der lokalen Partner.
Gibt es Unterschiede zwischen Projekten in Afrika und anderen Regionen?
Jedes Projekt ist anders und ich würde sagen, die Unterschiede innerhalb Afrikas sind mindestens genauso groß, wie die zwischen Afrika und anderen Regionen.
In Mali haben wir als Deutsche außerdem bisher davon profitiert, dass wir keine Franzosen sind, um es platt zu sagen. Wir haben dort keine koloniale Vergangenheit und Deutschland hat als erstes Land 1960 Malis Unabhängigkeit anerkannt. Daran erinnern sich die Leute noch heute.
Das Interview führte Laura Sundermann von Germany Trade & Invest im Juni 2022.