Mitarbeiter auf einer Teakholz-Plantage von Maris im Südsudan
Charlie Tryon ist Chief Executive des Investmentunternehmens Maris und kennt den Südsudan bestens. Der Brite hat fast jede Region des noch jungen Landes mehrmals bereist. Seit 2009 unterstützt der ehemalige Investmentbanker und Mitgründer von Maris zahlreiche Investitionen in Südsudan. Von seinem Wohnsitz in Nairobi aus überblickt er die Ostafrika-Aktivitäten des Unternehmens. Im Interview berichtet er über seine Arbeit, seine Erfahrungen vor Ort und über das Potenzial des Landes.
Investitionen in Hotelentwicklung und Teak-Plantagen
Herr Tryon, bitte erklären Sie, was Maris macht!
Seit 2009 agiert Maris als Investmentfirma. Wir kaufen Mehrheitsanteile an Unternehmen, die wir für vielversprechend halten. Anders als klassische Investmentfonds beschränken wir uns nicht auf die Finanzierung, sondern bemühen uns intensiv darum, das operative Geschäft der Unternehmen aufzubauen und erfolgreich zu machen. Wir fokussieren uns ausschließlich auf Afrika, wo wir in zwölf Ländern aktiv sind und mit unseren Beteiligungen aktuell etwa 6.000 Menschen beschäftigen.
Wie sind Sie auf Südsudan gekommen?
Ich bin 2006 zum ersten Mal in die Hauptstadt Juba gereist. Dort haben wir 2008 das Acacia Village übernommen und entwickelt, eines der wenigen qualitativ hochwertigen Hotels der Stadt. In Acacia Village waren einst die Residenzen von vier europäischen Botschaftern untergebracht. Im Jahr 2011 haben wir dann die Equatoria Teak Company übernommen. Diese Teak-Plantagen wurden in den 1970er und 80er Jahren von Deutschen und Briten angelegt im Rahmen eines Entwicklungsprogramms. Als sich der britische Investmentfonds Actis 2011 aus der Plantage zurückzog, war das ein günstiger Zeitpunkt für unsere Übernahme. Im Jahr 2020 haben wir die letzten Bäume auf der etwa 3.000 Hektar großen Plantage geerntet.
Wie geht es weiter?
Gegenwärtig pflanzen wir neue junge Bäume an, wir schaffen etwa 250 bis 400 Hektar pro Jahr. Um die Plantage langfristig und nachhaltig betreiben zu können, müssten wir rund 5.000 Hektar mit Bäumen bepflanzen. Die Bäume benötigen etwa 25 Jahre, bis sie gefällt werden können. Dann könnten wir jedes Jahr etwa 200 Hektar „abernten“ und damit ungefähr Tausend Vollzeitjobs schaffen. Darüber hinaus haben wir eine Kaffeeplantage auf 70 Hektar entwickelt und auf 450 Hektar weitere Setzlinge gepflanzt sowie eine Verarbeitungsanlage gebaut. Und wir bauen versuchsweise hochwertige Tropenpflanzen an, wie Kakao, Vanille, schwarzer Pfeffer, Macadamia-Nüsse, Mahogany Grandifolia und Afzelia Africana.
Vertrauen aufbauen in einem schwierigen Umfeld
Was sind Ihre Erfahrungen mit Südsudan?
Das Land ist nichts für Zartbesaitete. Wenn Unternehmen dorthin gehen, müssen sie eine langfristige Perspektive einnehmen. Unsere Plantage befindet sich in der Region Western Equatoria, weit von Juba entfernt. Mit den Menschen in der Region und auch den lokalen Politikern haben wir über Jahre Vertrauen aufgebaut. Heute kennen wir uns und arbeiten sehr gut miteinander, weil die Investition im beiderseitigen Interesse ist. Wir sind einer der größten privaten Arbeitgeber im Land und operieren in einem friedlichen Umfeld, weit weg von den Herausforderungen der Hauptstadt. Unsere Plantage liegt im Busch außer Sichtweite.
Wie hat sich Südsudan seit Ihrem ersten Besuch entwickelt?
Als ich 2006 zum ersten Mal ins Land kam, war Juba noch ein Dorf, und außerhalb der Stadt gab es überall Minenfelder. Hotels bestanden weitgehend aus Zeltcamps und es gab kaum asphaltierte Straßen. Telefonate musste man über Satellitentelefone führen oder ein illegales Netz mit einer ugandischen Vorwahl nutzen. Es war der wilde Westen. Das ganze Land war unerschlossen, und die Überlandstraßen konnten nur in der Trockenzeit befahren werden. Die Leute damals waren sehr freundlich und begrüßten ausländische Investoren mit Optimismus.
Und was erwarten Sie für die nähere Zukunft?
Leider ist es schwer, kurzfristig eine positive Entwicklung zu erwarten in einem Ein-Parteien-Staat mit sehr geringen Kapazitäten in der Regierung. Wenn das Land jedoch den Wechsel schaffen könnte von einem militarisierten Staat hin zu einer demokratischeren Regierung, in der die Bevölkerung besser repräsentiert ist, dann sehe ich einen positiven Wandel und eine deutliche Verbesserung des Standings von Südsudan in der internationalen Gemeinschaft.
Herausforderungen und Geschäftspotenziale
Was kennzeichnet Südsudan als Markt?
Zunächst zu den weniger positiven Seiten: Südsudan ist ein sehr kleiner Markt, vielleicht zehn Prozent von Kenia. Als Verbrauchermarkt ist eigentlich nur Juba von Interesse. Zudem ist das Land „landlocked“, also schwer zugänglich und weit entfernt vom nächsten Hafen. Ein Containertransport von Mombasa nach Juba kostet rund 12.000 US-Dollar und dauert je nach Jahreszeit etwa einen Monat. Dazu gibt es einen großen Mangel an ausgebildeten Arbeitskräften, ein hohes Sicherheitsrisiko und ein fehlendes Stromnetz, mit Ausnahme einiger Gegenden in Juba. Das alles macht den Standort extrem teuer. Als industrieller Produktionsstandort für den lokalen Markt ist Südsudan bis auf ein paar Ausnahmen uninteressant. Daher wird auch fast alles importiert – das meiste kommt aus Uganda.
Was bedeutet das für einen potenziellen Investor?
Keine zu kapitalintensiven Investitionen tätigen – vor allem, wenn man das Land noch nicht gut kennt. Südsudan ist etwas für Afrika-Kenner. Die politische Instabilität bedeutet auch, dass man die Strecken, die man zurücklegen muss, vorher abklären sollte. Ich war inzwischen in jeder Region unterwegs, aber besonders bei Autofahrten aus Juba heraus gibt es gefährliche Stellen, an denen sogar Überfälle möglich sind.
Kommt das Land dann überhaupt noch als Geschäftsziel in Frage?
Ja, wenn man etwas Geduld mitbringt, gibt es sehr viel Potenzial. Die Erdölvorkommen sind noch längst nicht ausgeschöpft und auch Mineralien wie Gold und Kupfer sind reichlich vorhanden. Großes Potenzial hat das Land bei der Agrarproduktion, sowohl für den Binnenmarkt als auch für den Export. Weltklasse sind die Bedingungen für tropische Forstwirtschaft. Im Gegensatz zu Kenia gibt es noch viel Platz hierfür. Für den lokalen Verbrauch könnten Mais oder Weizen angebaut werden.
Ausblick: von Kaffee bis zum Stromnetz
Und was könnte man für den Export anbauen?
Auch der Export ist interessant. Aber da der Transport zum Exporthafen Mombasa so lange dauert, sind viele frische Produkte keine Option. Teak ist ideal, da das Holz auf der Strecke nicht verdirbt und sogar noch trocknen kann. Auch Kaffee bietet sich an, die Qualität ist hervorragend. Und wie schon erwähnt, probieren wir den Anbau weiterer hochwertiger Nischenprodukte aus.
Welcher Bereich ist außerdem noch attraktiv?
Aus meiner Sicht die Stromproduktion, da es derzeit kein Stromnetz gibt. Selbst Juba hat nur eine kleine Solaranlage und wird ansonsten vor allem über Generatoren versorgt. Strom ist extrem teuer: Wir zahlen circa 25 Cent je Kilowattstunde an den Stromlieferanten Jedco und etwa 35 Cent, wenn wir unsere Dieselgeneratoren nutzen. Das sind Kosten, die viele Geschäfte verhindern. Die norwegische Regierung hat über den Norfund vor einigen Jahren Studien für ein Wasserkraftwerk an den Fula-Rapids am Weißen Nil im Süden erstellen lassen. Das Kraftwerk sollte über eine Hochspannungsleitung mit Juba verbunden werden. Wenn man dort zunächst mit einer kleinen Kapazität von vielleicht 10 oder 20 Megawatt Strom produzieren könnte, wäre schon sehr viel erreicht.
Das Interview führte Carsten Ehlers von Germany Trade & Invest im Juli 2024.
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