Azeb Dairy Farm in Eritrea

Erweiterungsprojekt für die Azeb Dairy Farm: Eine größere, moderne Verarbeitungsanlage und neue Ställe.

Die Italiener ließen hier schon einmal Kühe grasen, nun entsteht im Hochland unweit der Hauptstadt Asmara der größte Milchverarbeiter von Eritrea: Mit Parmesan und Mozzarella will die Azeb Dairy Farm demnächst die Märkte am Golf erschließen. Alles bio und damit einzigartig in Ostafrika, sagt Geschäftsführer und Miteigentümer Abraham Michael Tseggai. Bei einem Gang über die Baustelle und durch den Stall erzählt der 44-jährige Eritreer auch von fliegenden Kühen und was die Fastenkultur im Land mit seinem Projekt zu tun hat. 

Kühe aus Süddeutschland für eritreische Staatsfarmen 

Abraham Michael Tseggai, Geschäftsführer Azeb Dairy Farm Azeb Dairy Farm Abraham Michael Tseggai, Geschäftsführer Azeb Dairy Farm

Herr Tseggai, das mit den fliegenden Kühen müssen Sie erklären.

Für eine moderne Produktion von Molkereierzeugnissen fehlte es hier, wie vielerorts in Afrika, an leistungsfähigen Kühen aus guter Züchtung. Die Regierung importierte deshalb vor etwa fünf Jahren rund 2.000 Schwarzbunte und andere Tiere von verschiedenen Betrieben aus Süddeutschland. Und die kamen im Flugzeug, 169 in jeder Maschine. Ein Transport per Schiff dauert länger und ist sehr stressig für Kühe; auch Futter und Versicherung kosten mehr. 

Was ist aus den Kühen geworden?

Die sind heute zu einer Herde von gut 10.000 Köpfen angewachsen, die auf den vier Staatsfarmen nebenan leben. Diese Betriebe sollen uns künftig einen Großteil der benötigten Milch liefern. Wir bauen für unser Erweiterungsprojekt eine größere, moderne Verarbeitungsanlage und zudem neue Ställe, um die eigene Herde aufzustocken. Das kostet uns insgesamt rund 10 Millionen US-Dollar, finanziert übrigens von einer einheimischen Bank und der Regierung. 

Es geht um die Anlage, die da hinten schon im Rohbau steht?

Genau, wir werden künftig 55.000 Liter Milch am Tag verarbeiten. Das ist zehnmal mehr als jetzt, und bereits heute sind wir der zweitgrößte Milchverarbeiter Eritreas. Ein irischer Consultant hat das Projekt in die Hand genommen und erstellte die ganzen Studien dafür. In den nächsten Wochen schreibt er die Beschaffung der Ausrüstungen aus, wir setzen da auf Technik von italienischen Firmen. Bis Juli soll die neue Milchverarbeitung starten. 

Käse ist in Eritrea gefragt

Was stellen Sie bislang her?

Vor allem Mozzarella, Parmesan, Fontina und andere italienische Käsesorten, daneben Joghurt, Sahne und Butter. Gut die Hälfte davon verkaufen wir in Asmara 30 Kilometer von hier, ein Drittel an zwei Bergwerke und das größte Hotel in Asmara. Ein Zehntel geht in den Export, hauptsächlich in den Sudan, wo wir in Khartum einen eigenen Laden haben. Das Geschäft wurde leider im Krieg dort zerstört. Dafür planen wir demnächst eine erste Lieferung nach Juba in Südsudan.

Sie füllen keine Frischmilch ab?

Nein. Das hat auch damit zu tun, dass orthodoxe und katholische Christen, ein Großteil der Bevölkerung Eritreas also, in Summe fast das halbe Jahr fasten und dabei keine tierischen Produkte zu sich nehmen. Milch verkauft sich an solchen Tagen schlecht. Außerdem setzen wir keine Konservierungsstoffe ein, wodurch etwa unser Joghurt schon nach drei Tagen abläuft. Käse hält sich länger. 

Die Leute hier mögen italienischen Käse?

Und wie. Nach meinem Milchtechnik-Studium im niederländischen Leuwaarden hatten wir erst Gouda und Cheddar produziert. Das mochten die Leute hier aber nicht. Also ging ich ein halbes Jahr lang nach Parma und ein halbes nach Caserta bei Neapel, von wo der beste Mozzarella kommt. Mit den italienischen Sorten klappte es viel besser. 

Neue Märkte auf der arabischen Halbinsel erschließen

Ihre künftige Mehrproduktion wollen Sie in Eritrea verkaufen?

Nein, wir werden alles davon exportieren. In Eritrea erzielen wir zwar höhere Verkaufspreise als im Ausland, dem Inlandsmarkt fehlt aber die Kaufkraft. In Saudi-Arabien und den VAE dagegen gibt es viel Bedarf. Dort haben wir auch schon Verträge mit den ersten Kunden. Der Käse wird dorthin von Asmara aus gehen, per gekühlter Luftfracht mit Ethiopian Airlines. Auch in Uganda und anderen Ländern der Region rechnen wir uns Verkaufschancen aus. 

Können Sie denn mit dem original-italienischen Käse aus Europa konkurrieren?

Davon sind wir überzeugt. Unser Käse ist vollkommen biologisch erzeugt und damit einzigartig in ganz Ostafrika. Das Futter für unsere eigenen Kühe erzeugen wir selbst. Wir setzen keine Pestizide ein und düngen nur organisch mit dem Mist der eigenen Tiere, den Abfällen unserer Molkerei sowie einem Flüssigdünger aus Fisch.

Wie ist es mit den Kosten?

Die sind tatsächlich noch recht hoch. Wir müssen einen Teil der Milch zukaufen, und zwar von den umliegenden Genossenschaften. Für den Liter zahlen wir denen einen Dollar, das ist mehr als das Doppelte der Erzeugerpreise in Deutschland. Und es ist viermal so viel wie in Kenia und Uganda, den größten Milchproduzenten in der Region. 

Sinkende Erzeugerkosten, steigende Milchleistung

Bekommen Sie das in den Griff?

Die Erzeugerkosten hier sinken deutlich. Unsere eigene Milch verrechnen wir intern bereits mit 76 Cent, und für die Farm ist das auskömmlich. Nächstes Jahr sind wir voraussichtlich schon bei 50 Cent. Unsere Milchleistung erhöhen wir dadurch, dass wir auf die Züchtung achten und auf gutes Futter. Zudem sind unsere Hektarerträge dabei doppelt so hoch wie auf den umliegenden Farmen.

Wie bauen Sie Ihre eigene Milchproduktion aus?

Wir errichten nebenan gerade zwei Laufställe für insgesamt 400 Kühe, die nachwachsenden Rinder und Kälber mitgezählt. Bisher besitzen wir lediglich 155 Stück, und zwar in Anbindehaltung - wir verbessern also auch das Tierwohl. Es wird in den Laufställen keine Spaltenböden geben und damit wie bisher nur Festmist, den vier Roboter permanent zusammenschieben werden.

Und wo bauen Sie Ihr Futter an?

Ein kleinerer Teil kommt hier von umliegenden Flächen. Das meiste, hauptsächlich Alfalfa, stammt aber von unserer rund 150 Hektar großen Farm nahe der Grenze zu Sudan, etwa 300 Kilometer westlich von hier. Dorthin bringen wir auch den organischen Dünger.

Wollen Sie mit den geplanten Exporten vor allem auch an Devisen kommen, die in Eritrea ja sehr knapp sind?

Für unsere Produktion importieren wir lediglich Joghurt-Bakterienkulturen, einige Chemikalien und Reinigungsmittel aus Italien sowie Verpackungen wie Joghurtbecher aus Dubai. 85 Prozent unserer Kosten entfallen auf Milch, und die kommt ja von hier. Wenn wir zusätzliche Devisen benötigen, erhalten wir dafür normalerweise auch eine Genehmigung. Und die Devisen, die wir im Export verdienen, dürfen wir behalten. 

Das Interview führte Ulrich Binkert von Germany Trade & Invest im April 2024.

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