Kristallisationsversuche mit Kunden, Einsatz von KEBO Slurry (Kristallisationshilfe) für Rohrzucker in Ägypten
Das Unternehmen Keller & Bohacek GmbH & Co. KG, kurz KEBO, entwickelt und produziert in Düsseldorf-Rath Spezialchemie für die Lebensmittelherstellung, Stahlerzeugung, Wasserbehandlung und chemische Reinigung. Mit einer fast 100-jährigen Geschichte fokussiert sich KEBO seit 1980 auf maßgeschneiderte chemische Lösungen für die Zucker-, Ethanol- und Stahlindustrie. Firmenchef Dr. Weyershausen berichtet im Interview über den Wiedereintritt in den ägyptischen Markt und die Unterstützung durch das Beratungsangebot des Wirtschaftsnetzwerks Afrika.
Strategische Rückkehr nach Ägypten
Herr Dr. Weyershausen, wie kam es dazu, dass KEBO nach einer Pause wieder in Ägypten aktiv ist?
Vor über 20 Jahren war KEBO bereits in Ägypten aktiv. Das Geschäft ging jedoch zwischenzeitlich komplett verloren, was mit einem internen Zuständigkeitswechsel zusammenhing. Zuvor hatte eine inzwischen verstorbene Mitgesellschafterin zusammen mit Technikern einige Jahre erfolgreich den ägyptischen Markt bearbeitet. Erst vor anderthalb Jahren rückte Ägypten aus strategischen Gründen wieder in unseren Fokus, insbesondere wegen der Größe und des Wachstums der ägyptischen Zuckerindustrie.
Mit welchem Geschäftsvorhaben sind Sie in den ägyptischen Markt gestartet?
Begonnen haben wir mit dem Verkauf chemischer Spezialitäten als Prozesshilfsmittel an ägyptische Zuckerfabriken. Dieses Geschäft läuft direkt von Deutschland aus, unterstützt von unseren ägyptischen KEBO-Mitarbeitern, die über ein Netzwerk zu den potenziellen Kunden verfügen. Ausschreibungen sind der Hauptkanal für diese Geschäfte. Es muss daher jemand vor Ort sein, der die Informationen über stattfindende Tender sichtet, Ausschreibungsunterlagen einholt und später auch anwesend ist, wenn die Angebote vom Kunden im Beisein aller Bieter eröffnet werden.
Was macht Ägypten für Ihre Produkte zu einem interessanten Zielmarkt?
KEBO erwirtschaftet einen großen Teil seines Umsatzes mit der Zuckerindustrie. Da Zucker ein saisonales Geschäft ist, ergibt sich daraus eine interessante Dynamik. Auf der Nordhalbkugel werden Zuckerrüben zwischen Oktober und Januar verarbeitet. In Ägypten startet die Verarbeitung von Zuckerrohr üblicherweise im Februar und die der Zuckerrüben im März. Das Geschäft mit der ägyptischen Zuckerindustrie verläuft also entgegengesetzt zur europäischen: In Europa geht die für uns entscheidende Absatzsaison von September bis Dezember/Januar, während sie in Ägypten etwa von Februar/März bis August reicht.
Beratungsgutschein: einfacher Antrag, schnelle Bewilligung
Wie verliefen die Beantragung und die ersten Schritte mit dem Beratungsgutschein?
Absolut einfach und unkompliziert. Die Auslandshandelskammer (AHK) in Kairo hat uns auf die Beratungsgutscheine aufmerksam gemacht. Der Antrag war dann innerhalb eines Tages gestellt, und die Bewilligung kam circa zwei Wochen später. Eine derart rasche Fördermittelvergabe hatten wir vorher noch nicht erlebt.
Wofür haben Sie den Beratungsgutschein verwendet?
Mit Hilfe des Gutscheins sind wir mit einem Beratungsunternehmen in Ägypten in Kontakt getreten. Dort erhielten wir Hinweise zur Gründung und Ausgestaltung einer Tochtergesellschaft, „KEBO Egypt“. Dank der sehr guten und freundlichen Unterstützung von Maha Juestel, Leiterin der Rechtsabteilung bei der AHK Kairo, die die Beratung durchführte, wissen wir nunmehr genau, was wir tun müssen, um uns in Ägypten zu etablieren.
Spielregeln für den Aufbau von Geschäften
Wie gestaltete sich die finanzielle und administrative Organisation bei Ihrem Projekt?
Bisher verlief dies unkompliziert und reibungslos. Wie der weitere Verlauf der Gründung und dann die Geschäftstätigkeit unserer Tochtergesellschaft aussehen wird, bleibt abzuwarten.
Welchen Eindruck haben Sie vom ägyptischen Markt, was ist aus Ihrer Sicht besonders wichtig vor Ort?
Grundsätzlich sind die Marktbedingungen aus unserer Sicht unproblematisch. Allerdings stellen wir fest, dass es gravierende Unterschiede zu anderen Märkten gibt, insbesondere bei der Geschäftsanbahnung, bei Produkttests und bei der Geschäftsabwicklung. Hier gilt: Man muss wissen, wie man das "Spiel" spielt, das sich in die Schritte "Anbieten – Testen – Tender" einteilt.
Können Sie diese Schritte erläutern?
Zunächst geht es darum, den Kunden für das eigene Produkt zu begeistern. Anschließend muss dieses vor Ort in einer Fabrik getestet werden, um die richtige Dosierung zu bestimmen, und erst danach kann die Beteiligung an einer Ausschreibung erfolgen. Diese Testphase ist im Produktionsprozess zwingend erforderlich und mit erheblichem finanziellen Aufwand verbunden. Wenn größere Produktmengen von einigen hundert Kilogramm, teilweise sogar ein oder zwei Tonnen zur Verfügung gestellt werden müssen, sind mitunter mehrere tausend Euro fällig. Dabei fallen auch Transport- und Importgebühren an. Wichtig zu beachten ist: Wer als Anbieter die Testperiode (März bis August) verpasst, muss ein Jahr warten bis zum nächsten Versuch. Dieses Prinzip gilt auch für die europäische Zuckerindustrie.
Wie sieht es mit der Konkurrenz vor Ort aus?
Unsere Wettbewerber sind überwiegend andere europäische Hersteller, die wir auch in Europa antreffen. Unter ihnen befinden sich auch US-Konzerne, die das Ägypten-Geschäft in diesem Sektor über ihre europäischen Zentralen betreiben. Grundsätzlich gilt: Sämtliche Chemikalien müssen aus dem Ausland importiert werden, da es keine lokale Produktion von Spezialchemikalien gibt und somit auch keine lokale Konkurrenz existiert. Für Ägypten hat der Import aus Europa den Vorteil der Zollbefreiung, da das Land seit rund 20 Jahren mit der EU über das Europa-Mittelmeer-Abkommen verbunden ist.
Keine Importlizenz ohne Mindestumsatz für ägyptische Unternehmen
Welche nächsten Schritte planen Sie in Bezug auf den Markt Ägypten?
Aktuell bauen wir unsere Geschäfte von Deutschland aus und steigern kontinuierlich unseren Umsatz. Langfristig wollen wir eine lokale Herstellung von KEBO-Produkten ins Auge fassen. Deshalb steht als nächster bedeutsamer Schritt die Gründung der besagten ägyptischen Tochtergesellschaft an, für die wir eine Importlizenz benötigen. Deren Beantragung kann sich durchaus als "tricky" herausstellen: Die Lizenz ist an einen Mindestumsatz geknüpft und kann erst ein Jahr nach Firmengründung und Eintragung ins Handelsregister beantragt werden. Bis dahin müssen wir die Importe über Dritte abwickeln.
Wer baut inzwischen die wichtigen Verbindungen vor Ort für Sie auf?
KEBO hat zwei ägyptische Mitarbeiter eingestellt, die dort die Kontakte pflegen. Darüber hinaus begleitet unser deutsches Team jeden einzelnen Produkttest in den Zuckerfabriken. Dadurch entstehen Beziehungen und ein immer größer werdendes Netzwerk. Insgesamt sind wir mit fünf KEBO-Beschäftigten, inklusive der Geschäftsführung, drei- bis viermal pro Jahr für jeweils ein bis zwei Wochen in Ägypten aktiv. Diese Einsätze ergänzen die Arbeit unseres Personals vor Ort.
Welche Empfehlungen und Tipps können Sie anderen Unternehmen mit auf den Weg geben?
Ich kann diese in vier Punkten zusammenfassen.
- Es ist entscheidend, sich auf eine völlig andere Kultur sowie Art und Weise des "Geschäftemachens" einzulassen. Gute Produkte allein reichen nicht aus.
- Viel Zeit und Präsenz vor Ort sind nötig, damit die Geschäfte gut laufen.
- Beziehungen und Vertrauen aufzubauen ist von großer Bedeutung
- Als Geschäftsführer von KEBO habe ich Ägypten zur Top-Priorität erklärt und besuche das Land entsprechend oft. Darüber hinaus habe ich begonnen, Arabisch zu lernen. Dabei lerne ich auch sehr viel über die arabische Kultur. So konnten wir in Ägypten inzwischen ein Kundennetzwerk mit wichtigen Entscheidern aufbauen.
Das Interview führte Inge Hackenbroch von der Geschäftsstelle Wirtschaftsnetzwerk Afrika im Juli 2023.
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