Viele afrikanische Länder benötigen nachhaltige Lösungen für die Abfall- und Recyclingwirtschaft.
Rishel Dharmapall ist Branchenexperte für Kreislaufwirtschaft an der Deutschen Industrie- und Handelskammer für das südliche Afrika. Für das Wirtschaftsnetzwerk Afrika des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) identifiziert er konkrete Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen, die in Südafrika aktiv werden und Lösungen für Recycling, die Reduzierung von Abfällen und für einen effizienten Umgang mit Ressourcen in allen Produktionsprozessen anbieten möchten.
Die südafrikanische Regierung hat verschiedene Gesetze und Verordnungen erlassen, um die Umstellung hin zur Kreislaufwirtschaft zu erleichtern. Damit dieser Transformationsprozess gelingt, sind Engagement und Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen sowie dem privaten Sektor notwendig. Im Interview erläutert Rishel Dharmapall, wo Investitionsbedarf besteht, wie innovative deutsche Technologien diesen decken und auf welche Weise deutsche sowie lokale Unternehmen Synergien nutzen können.
Unternehmen erkennen die Vorteile einer Kreislaufwirtschaft
Warum ist Kreislaufwirtschaft für Südafrika so wichtig geworden?
Südafrika steht, wie viele andere Länder, vor Herausforderungen durch Ressourcenknappheit. Gleichzeitig belasten lineare Produktions- und Verbrauchsmodelle einer „Wegwerfgesellschaft“ die Umwelt. Ansätze der Kreislaufwirtschaft ermöglichen es Unternehmen hingegen, Ressourcen effizienter zu nutzen, Abfälle zu reduzieren und die Umwelt insgesamt weniger zu belasten. Außerdem eröffnen sich hierdurch Geschäftschancen für Unternehmen: Mithilfe innovativer, nachhaltiger Technologien sowie der Nutzung alternativer Rohstoffe können sie neue Einnahmequellen erschließen, Kosten senken und Risiken reduzieren. So verbessern sie ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt, schaffen Arbeitsplätze vor Ort und tragen zur wirtschaftlichen Entwicklung Südafrikas bei. Dafür brauchen wir auch das Know-how von deutschen Unternehmen, die viel Erfahrung in der Kreislaufwirtschaft mitbringen.
Wie engagiert sind südafrikanische Unternehmen in der Kreislaufwirtschaft?
Einige innovative Unternehmen haben die Vorteile bereits erkannt und verfolgen in ihren Betrieben Ansätze der Kreislaufwirtschaft. Sie gestalten Produkte neu, optimieren den Materialfluss, führen Recycling- und Abfallmanagementinitiativen ein und entwickeln neue nachhaltige Geschäftsmodelle. Diese Initiativen werden insbesondere von größeren multinationalen Unternehmen mit lokaler Präsenz vorangetrieben sowie von Südafrikas starken und aktiven Industrieverbänden. Aber auch kleinere Unternehmen erkennen zunehmend die Vorteile der Kreislaufwirtschaft: Sie werden in diesem Bereich aktiv, vor allem um Kosten zu senken, das Produktangebot zu diversifizieren und um lokale sowie internationale Vorschriften zu beachten. Allerdings sind diese Ansätze noch nicht in allen Sektoren und Unternehmen Südafrikas verbreitet, da unter anderem hohe Vorlaufkosten sowie ein begrenzter Zugang zu Finanzierung und Technologie die Umstellung erschweren.
Vor welchen Herausforderungen steht der öffentliche Sektor?
Der öffentliche Sektor sieht sich mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Dazu zählen unter anderem eine sich verschlechternde Infrastruktur, unzureichende Investitionen und knappe Fachkräfte. Hier ergeben sich Chancen für den Privatsektor, in Bereiche der öffentlichen Versorgung einzusteigen. In diesem Kontext gewinnen auch Public Private Partnerships (öffentlich-private Partnerschaften, PPP) immer mehr an Bedeutung. So gibt es vermehrt öffentliche Ausschreibungen für Modernisierungen und Sanierungen öffentlicher Versorgungsunternehmen sowie für Neuinstallationen auf Basis von innovativen nachhaltigen Technologien. Wichtig ist hierbei, Vorschriften wie local-content-Vorgaben zu beachten. Als Branchenexperte habe ich gute Einblicke in die Dynamik des Sektors und kann entsprechende Hinweise geben.
Technologien, Dienstleistungen und Know-how aus Deutschland für Südafrika
In welchen Bereichen sehen Sie das größte Potenzial für deutsche Unternehmen?
Ein wichtiges Geschäftsfeld für Ansätze der Kreislaufwirtschaft ist der Bereich Abfall und Recycling. Hier geht es um die Entwicklung und Umsetzung von Recycling-Technologien, Müllsortier- und -aufbereitungsanlagen sowie um die Einführung von effizienten Abfallwirtschaftssystemen. Im Energiebereich sind Investitionen in erneuerbare Energiequellen wie Sonne, Wind und Biomasse gefragt. In der Land- und Lebensmittelwirtschaft werden Technologien für nachhaltige landwirtschaftliche Verfahren, für die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung und für den Aufbau effizienterer Lieferketten benötigt. In der Wasserwirtschaft wiederum geht es vorrangig um Wassereinsparung, Abwasserbehandlung und Wasserwiederverwendung. Für deutsche Firmen, die zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung – bspw. durch nachhaltiges Bauen oder entsprechende Infrastrukturkonzepte – beitragen können, bietet Südafrika ebenso Geschäftschancen. Auch deutsche Finanzinstitute können südafrikanische Kreislaufwirtschaftsprojekte durch Investitionen, Finanzierungen und die Bereitstellung von Fachwissen über nachhaltige Finanzierungsmodelle unterstützen. In all diesen Bereichen gibt es Geschäftspotenziale für deutsche Unternehmen, die Technologien und Dienstleistungen anbieten können.
Welche Rolle spielen digitale Lösungen?
Sie sind ein wichtiges Element der Kreislaufwirtschaft: Mit dem Internet der Dinge (IoT) und Blockchain lassen sich Ressourcenmanagement optimieren, Materialien verfolgen, Wassernetze überwachen, Lecks suchen oder die Transparenz der Lieferketten verbessern. Auch für Produktdesign und -herstellung bieten sich Chancen, etwa bei der Entwicklung von Produkten mit längeren Lebenszyklen oder beim Einsatz von recycelten Materialien.
Zudem können deutsche Unternehmen ihr Know-how teilen und Technologietransfer leisten, etwa durch Schulungsprogramme und Plattformen für den Wissensaustausch. Gelingt die Zusammenarbeit zwischen deutschen und südafrikanischen Unternehmen, können industrielle Symbiosen entstehen, bei denen der Abfall eines Unternehmens zu einer wertvollen Ressource für ein anderes wird.
Die richtigen Partner finden
Wie bringen Sie deutsche und südafrikanische Unternehmen zusammen?
Als Branchenexperte kenne ich die lokale Industrie sehr gut und bin mit den wichtigsten Akteuren vernetzt. Ich kenne die Branchentrends und kann Hinweise zu potenziellen Geschäftsmöglichkeiten sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor geben. Dabei arbeite ich eng mit den deutschen Partnerverbänden des Wirtschaftsnetzwerks Afrika zusammen. Informationen zu Geschäftsmöglichkeiten sende ich an die Geschäftsstelle des Wirtschaftsnetzwerks Afrika, die diese direkt an interessierte deutsche Unternehmen sowie Fachverbände weiterleitet. Bekunden ein deutsches und ein südafrikanisches Unternehmen Interesse an einer Zusammenarbeit, koordiniere ich den Kontakt zwischen den beiden Parteien.
Können Sie Beispiele nennen für laufende Kooperationsprojekte zwischen deutschen und lokalen Unternehmen?
Bereits durchgeführte Projekte, bei denen deutsche Technologien und Anlagen zum Einsatz kommen, sind beispielsweise ein 6-MW-Biogasprojekt und mehrere kommunale Abfallverwertungsprojekte.
Anfragen nach deutschen Zulieferern gibt es etwa zu Technologien für die Wiederaufbereitung von Speiseölabfällen als Biokraftstoff, zu alternativen Bau- und Straßenbaumaterialien, zu integrierten intelligenten Gebäudemanagementsystemen oder zum Recycling von gebrauchten Gummireifen.
Hier sehe ich Potenzial für mögliche weitere Projekte zwischen deutschen und lokalen Unternehmen.
Im Juli werden Sie auf der IFAT Africa 2023 sein. Was möchten Sie von dieser Messe mitnehmen?
Die IFAT Africa, Fachmesse für Wasser, Abwasser, Abfall und Recycling, findet vom 5. bis 7. Juli in Johannesburg statt und ist ein wichtiges Netzwerktreffen für alle Akteure. Für mich ist es eine großartige Gelegenheit, mich und meine Dienstleistungen bei Ausstellern und Besuchern vorzustellen und mein Netzwerk weiter auszubauen. Die IFAT bietet lokalen Unternehmen die Möglichkeit, sich mit deutschen Unternehmen zu vernetzen. Deutsche Unternehmen können mit wichtigen lokalen Akteuren in Kontakt treten und ein besseres Verständnis über die Marktbedingungen und -anforderungen gewinnen.
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