Die IT-Fachleute von TestSolutions unterstützen seit über 15 Jahren internationale Industriekonzerne mit maßgeschneiderten Dienstleistungen für Software-Testing. Spezialisiert ist das Unternehmen auf so unterschiedliche Sektoren wie Automotive, Transportwesen und Flugverkehr, Gesundheitswirtschaft, Banken und Versicherungen sowie Forschung und Entwicklung. Neben der Frankfurter Zentrale ist das Unternehmen auch in Indien und seit jüngstem in Ruanda aktiv. Geschäftsführer Christian Knoop gibt im Interview Einblick in die besondere Attraktivität dieses Ziellands für IT-Firmen. Zudem berichtet er, warum die Beratungsgutscheine des Wirtschaftsnetzwerks Afrika für den Markteintritt hilfreich waren.
Viele Gründe für eine Niederlassung in Ruanda
Herr Knoop, Sie haben unlängst Ihre erste Niederlassung auf dem afrikanischen Kontinent gegründet. Warum Ruanda?
Für uns hat sich in den letzten Jahren immer weiter herauskristallisiert, dass die Zukunft von Offshore-Dienstleistungen in der IT-Branche über den Klassiker Indien hinausgeht. Dass unsere Wahl auf Ruanda als Offshore-Standort gefallen ist, hat mehrere Gründe. Es sollte natürlich ein Ort sein, an dem Englisch gesprochen wird, der eine rechtliche Sicherheit für unsere Investitionen bietet und der über gut ausgebildete Arbeitskräfte verfügt.
Die Regierung in Ruanda hat sich zum Ziel gesetzt, ein „digitales Ökosystem“ aufzubauen, das die Entwicklung von Technologieunternehmen und digitalen Dienstleistungen fördert. Die Investitionen in IT-Infrastruktur und Bildung haben dazu beigetragen, dass das Land nun über eine der schnellsten Internetverbindungen in der Region verfügt und es einen Boom in der Ausbildung von IT-Fachkräften gibt.
Dazu kommt bei mir ein sehr persönliches Interesse an der Region und insbesondere an der Geschichte und den Menschen Ruandas. Seit vielen Jahren verfolge ich die einzigartige Entwicklung dieses Landes, und es ist mir persönlich eine Freude, eine Zusammenarbeit mit Ruanda in meinen Arbeitsalltag einzubauen.
Digitalisierung ist ein großes Thema in Afrika. Was macht speziell Ruanda als IT-Standort aus?
Die großen IT-Firmen fokussieren sich eher auf die größeren afrikanischen Länder wie Nigeria, Kenia und natürlich Südafrika. Ruanda erlebt in deren Windschatten gerade einen deutlichen Entwicklungsschub. Durch den Ausbau einer modernen Infrastruktur, die klare Vision der Regierung, die den Sektor stark fördert, und die gute akademische Ausbildung der äußerst wissbegierigen jungen Bevölkerung ist Ruanda als IT-Standort gut aufgestellt.
In den vergangenen Jahren hat sich daher auch auf dem ruandischen IT-Markt extrem viel getan. Und das ist mit Sicherheit erst der Anfang. Das zeigen nicht zuletzt die vielen internationalen Delegationen in die Hauptstadt Kigali.
Welche Vorteile sehen Sie für deutsche IT-Unternehmen in Ruanda?
Ruanda bietet eine Vielzahl von Chancen für europäische IT-Unternehmen, insbesondere im Bereich der digitalen Dienstleistungen. Es gibt in Ruanda, speziell in Kigali, eine junge, gut ausgebildete und IT-affine Bevölkerung, die in der Lage ist, innovative Lösungen zu entwickeln und mitzugestalten. Ruanda ist sehr offen gegenüber neuen Investoren und jenen, die eine nachhaltige Vision für ihr Geschäft haben.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Unterstützung durch die Regierung und multilaterale Organisationen, die in der Region aktiv sind, den IT-Sektor fördern und auch den Markteintritt für deutsche Unternehmen erleichtern können.
Ruanda verfügt bereits über eine gut ausgebaute digitale Infrastruktur, die die Geschäftstätigkeit erleichtert. Im Februar 2023 ist mit Starlink, dem Satelliten-Internetdienst von Elon Musks Weltraumunternehmen SpaceX, ein weiterer wichtiger Teil für die Infrastruktur des Landes dazugekommen. Und nicht zu unterschätzen für unsere Arbeit: Die fast identische Zeitzone in Ruanda ist ein enormer Vorteil, gerade wenn es um Projekte in länderübergreifender Teamarbeit geht.
Die Strukturen für ein IT-Ökosystem entwickeln sich in Ruanda noch
Arbeiten Sie bei Ihren Software-Tests mit lokalen Unternehmen zusammen?
Vor Ort kooperieren wir mit Unternehmen, akademischen Institutionen und Behörden wie der Rwanda Information Society Authority (RISA). Sie ist federführend bei der Umsetzung des äußerst ambitionierten nationalen Digitalisierungsprogramms. Diese Zusammenarbeit im Bereich der Software-Qualitätssicherung hilft uns, die lokalen Gegebenheiten besser zu verstehen, Synergien zu schaffen und qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Auch wollen wir das lokale IT-Ökosystem in seiner Entwicklung unterstützen, da wir sicher sind, dass Ruanda in einigen Jahren zu einem Top-Standort im Bereich IT gehören wird.
Gibt es noch weitere wichtige Akteure, mit denen Sie vernetzt sind?
Wir stehen neben lokalen auch mit internationalen Unternehmen in Kontakt. Unser Ansatz in Ruanda umfasst die Arbeit mit internationalen Kunden, aber auch die Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren.
In Ruanda sind wir mit unserer umfassenden Expertise im Bereich Software-Test und Qualitätssicherung eher eine Rarität. Um dieses Wissen mit der IT-Community zu teilen, arbeiten wir eng mit Universitäten, Akademien und staatlichen Akteuren zusammen. Unser Ziel ist es, Ruanda dabei zu unterstützen, ein wichtiger IT-Hub in Afrika zu werden. Eine solche Entwicklung Ruandas hilft der gesamten Branche, einen Pool an qualifizierten Nachwuchskräften aufzubauen.
Sind Sie in Ruanda mit deutschen und europäischen Unternehmen auch aus anderen Branchen im Austausch?
Ein Akteur, der die Vernetzung vor Ort vorantreibt, ist die European Business Chamber Rwanda. Sie zielt darauf ab, dass die europäischen Firmen in Ruanda mit einer Stimme sprechen, wenn Schwierigkeiten oder Nachfragen auftreten – wie zum Beispiel bei der Einführung neuer steuerlicher Regeln.
Mit den wenigen deutschen Unternehmen, die in Ruanda tätig sind – Volkswagen, BioNTech, MaibornWolff oder Rohde und Schwarz sind wohl die bekanntesten – ist der Austausch sehr offen, man unterstützt sich gegenseitig.
Beratungsgutscheine Afrika können Unentschlossenen helfen, den ersten Schritt zu wagen
Sie haben das Unterstützungsprogramm „Beratungsgutscheine Afrika“ genutzt. An welchem Punkt ihres Vorhabens kam die Förderung zum Einsatz?
Der Beratungsgutschein hat uns dabei geholfen, den ersten Schritt zu gehen. Wir haben Erkundungsreisen unternommen, um Land und Institutionen besser kennenlernen. Dabei hat uns die zuständige Auslandshandelskammer in Kenia mit einem umfangreichen Programm bei unserer ersten Reise begleitet.
Der Beratungsgutschein kann für unentschlossene Unternehmen ein Anreiz sein, auf Worte Taten folgen zu lassen, da er die Anfangskosten etwas reduziert. Die verknüpften Beratungsangebote bieten Möglichkeiten zum Expertenaustausch und können manche Türe öffnen.
Wie hat das Beratungsprogramm Ihr Geschäftsvorhaben unterstützt oder auch beeinflusst?
Durch die über den Beratungsgutschein Afrika in Anspruch genommenen Erkundungsreisen konnten wir zunächst einen allgemeinen Eindruck von den Investitionsmöglichkeiten und -sicherheiten in Ruanda gewinnen. Zudem wurden Teile des Programms so zugeschnitten, dass sie für unsere individuellen Bedürfnisse gepasst haben.
Hilfreich war zum Beispiel ein Austausch mit Unternehmen und Organisationen, die im IT-Sektor tätig sind und einen Einblick in die tatsächlichen Herausforderungen in diesem Bereich geben konnten. Diese Mischung aus Meetings mit staatlichen Institutionen und der unternehmerischen Praxis vor Ort war äußerst aufschlussreich. Daraufhin haben wir bei einer zweiten Reise die rechtlichen Rahmenbedingungen und steuerliche Aspekte genauer unter die Lupe genommen.
Welche Tipps würden Sie anderen Unternehmen mit auf den Weg geben, die im IT-Bereich in Ruanda einsteigen möchten?
Sicher gehört aktuell noch Pioniergeist und Risikobereitschaft dazu, sich in Ruanda aufzustellen. Ich kann deutsche IT-Unternehmen jedoch nur ermutigen, sich das Land näher anzuschauen. Es ist oftmals nicht das erste Land, an das man denkt, wenn es um Investitionen in Afrika geht. Aber auf den zweiten Blick ist es äußerst attraktiv.
Investoren stoßen in Ruanda auf ein sehr freundliches Klima und werden willkommen geheißen. Die Möglichkeiten, bei Entscheidern auf offene Ohren zu stoßen und gemeinsam an Ideen zu arbeiten, sind gegeben. Mit einem mittelfristigen Planungshorizont sind die Chancen enorm.
Außerdem gibt es gerade in Kigali eine wachsende Anzahl von Unternehmen und Start-ups, die innovative digitale Produkte und Dienstleistungen entwickeln. Dies bietet deutschen IT-Unternehmen die Möglichkeit, von einer besonderen Herangehensweise und Expertise zu profitieren und möglicherweise Partnerschaften oder Joint Ventures einzugehen. Ein gezielter Blick kann sich also lohnen.
Das Interview führte Inge Hackenbroch von der Geschäftsstelle Wirtschaftsnetzwerk Afrika im Juli 2023.
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