Das Projektentwicklungsprogramm (PEP) der Exportinitiative Energie, das von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) durchgeführt wird, steht regelmäßig vor der Herausforderung, zwei Seiten mit völlig unterschiedlichen Perspektiven zusammenzubringen. „Blumenfarmen kennen sich ja nicht notwendigerweise mit Energielösungen aus, während deutsche Solaranbieter nicht unbedingt das Blumengeschäft verstehen“, weiß Hendrik Hundhausen, ehemaliger Ländermanager für Ostafrika. So hat das PEP den kenianischen Schnittblumenproduzenten Sian Group etwa mit dem deutschen Solaranbieter W. Giertsen Energy Solutions GmbH zusammengebracht.
Für die exportorientierte Blumenfarm kann sich die Produktion eigenen Solarstroms schnell rentieren, da der nationale kenianische Stromversorger recht teuer ist. Installationskosten bleiben jedoch ein Thema. Hier kann ein Leasing-Modell helfen, das auch von deutschen Solaranbietern angeboten wird. Es beinhaltet Installation und Betrieb der Anlage, wodurch für Kunden die Beschaffungskosten entfallen. Das PEP-Team bereitet den Boden für solche Kooperationen vor, indem es Märkte analysiert, potenzielle Kunden identifiziert und Kontakte zu Regulierungsbehörden herstellt. Im Interview berichten die Sian Group Flowers und der Solartechnikanbieter W. Giertsen von ihren Erfahrungen mit dem PEP.
Seit 2007 verbindet das Projektentwicklungsprogramm (PEP) deutsche Anbieter klimafreundlicher Lösungen mit Großverbrauchern von Strom in Entwicklungs- und Schwellenländern. Das Ziel ist eine Kooperation, die Anbieter, Kunden und dem Klimaschutz zugutekommt. Das Programm wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen der Exportinitiative Energie finanziert und von der GIZ umgesetzt. In Afrika werden derzeit PEP-Projekte in elf Ländern durchgeführt. Ein Schwerpunkt liegt auf Ostafrika mit den Hauptmärkten Kenia, Uganda und Ruanda. Berit Reitz, die PEP Ländermanagerin für diese beiden Länder, erklärt: „Im Vergleich zu Kenia sind Ruanda und Uganda noch vergleichsweise unerschlossen und bieten daher reichlich Potenzial.“ |
Kenianische Farmen brauchen zuverlässige Stromversorgung
Herr Kulei, wie positioniert sich die Sian Group Flowers auf dem Markt?
Die Sian Group besitzt momentan vier Farmen in Kenia, die insgesamt 180 Hektar Blumenfelder umfassen und circa 2.500 Mitarbeiter beschäftigen. Wir sind einer der weltweit größten Anbieter von Spray-Rosen, einer speziellen Rosenart mit mehreren Blüten an einem Stiel, die als Nischenprodukt gilt. Rund 75 Prozent unserer Exporte gehen an Kunden in Europa, Deutschland ist dabei einer der größten Absatzmärkte.
Warum haben Sie sich für eine solarbasierte Stromversorgung entschieden?
Im Jahr 2017 begannen wir interne Diskussionen aus mehreren Gründen. Die Stromversorgung vom Netz war nicht zuverlässig, deshalb mussten wir als Backup Dieselgeneratoren einsetzen. Die Solaranlagen sollten unsere Stromversorgung zuverlässiger und kostengünstiger machen. Auch Nachhaltigkeit spielt in unserer Strategie eine große Rolle, in diesem Fall durch einen geringeren Dieselverbrauch. Gerade für unsere europäischen Kunden ist das wichtig.
Und dann haben Sie das PEP-Team der GIZ kontaktiert, um Hilfe zu bekommen?
Nicht direkt. Zuerst wandten wir uns an Lieferanten von Solaranlagen. Doch deren Angebote waren teuer und nicht das, wonach wir suchten. Durch meine Arbeit im Kenya Flower Council (KFC) kam ich dann mit der GIZ in Kontakt. Da sie keine eigenen kommerziellen Interessen verfolgt, bekamen wir eine viel passendere und günstigere Lösung für unser Geschäft. Sie halfen uns auch dabei, einen Lieferanten zu finden, und unterstützten während des Implementierungsprozesses. Insgesamt war es eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit mit der GIZ.
PEP-Effekt: Wie Solartechnikanbieter von der Exportinitiative Energie profitieren
Und da kommen Sie ins Spiel, Frau Wangai. Was genau macht das Unternehmen W. Giertsen in Kenia?
Wir sind ein norwegisches Unternehmen mit weltweiten Niederlassungen und einem Büro in Kenia, das den Markt in Ostafrika bedient. Unsere Expertise liegt im Bau von Solar-PV-Systemen. Unsere größten Märkte in der Region sind Somalia und Kenia, einer unserer größten Partner sind die Vereinten Nationen. Zu unseren Kunden in Kenia gehören vor allem Tourismusunternehmen, die Off-Grid-Lösungen für Lodges und Camps benötigen, sowie die Blumenindustrie.
Wie zum Beispiel die Sian Flower Group?
Genau. Wir haben in vier verschiedenen Blumenfarmen der Sian-Gruppe Netzanbindungs- und solarbetriebene Pumpensysteme installiert. Diese haben eine Gesamtkapazität von 1,3 Megawatt Peak (MWp) für die Netzanbindung und 0,2 MWp für die Pumpensolarisierungen. Sian konnte dadurch seine Energierechnungen um mehr als 30 Prozent reduzieren.
Wie begann und verlief das Projekt?
Im Jahr 2021 haben wir uns erfolgreich im Rahmen der PEP-Initiative der GIZ für die Sian-Farmen beworben. Auf Basis der Vorgaben des Auftraggebers und einer von der GIZ erstellten Vormachbarkeitsstudie reichten alle Bieter ihre Angebote ein. W. Giertsen erhielt den Zuschlag. Das erste Projekt wurde im Juni 2022 in Betrieb genommen, die restlichen ein halbes Jahr später. Für alle Farmen gilt ein 5-Jahres-Wartungsplan.
Wie hat Ihr Unternehmen von der PEP-Unterstützung profitiert?
PEP führt kostenlose Machbarkeitsstudien und Energieberatung für verschiedene Branchenteilnehmer in Kenia durch, einschließlich einer Erstbewertung der Kundenbedürfnisse im Auftrag von Solarunternehmen. Das spart uns Zeit und Geld. Anschließend schlägt PEP dem Kunden geprüfte Solarunternehmen vor. Das schafft Vertrauen zwischen Kunden und Dienstleister und beschleunigt den Prozess bis zur Umsetzung.
In Kenia ist der Solarmarkt schon recht weit entwickelt und auch einige deutsche PV-Unternehmen sind bereits vor Ort aktiv. Neben PV und Energieeffizienz bieten wir dort auch Services im Wasserstoffbereich an.
Stefanie Stemmer Ländermanagerin für Kenia im Projektentwicklungsprogramm (PEP)
Der nächste Schritt: Speicherung von Solarstrom mit Batterien
Herr Kulei, jetzt wo die Stromversorgung günstig und zuverlässig ist, welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Die Speicherung ist der nächste Schritt. Mit unseren Solaranlagen produzieren wir überschüssigen Strom, den wir nicht ins Netz einspeisen können. Wir suchen deshalb nach Batterien, um ihn speichern und nachts nutzen zu können. Wenn es beispielsweise in Europa Programme zur Förderung solcher Investitionen gibt, wären wir sehr daran interessiert.
Das Interview führten Carsten Ehlers und Detlef Gürtler von Germany Trade & Invest im März 2024.
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