Klimabedingte Dürren führen immer häufiger zu schlechten Ernten. Be-Grow, ein 2019 gegründetes Management-Buy-out der BASF, kann mit einem neuen Bodenhilfsstoff Abhilfe schaffen. Dieser saugt wie ein Schwamm Wasser und Nährstoffe auf und ermöglicht Landwirtschaft in trockenen Gebieten. Im Interview spricht Geschäftsführer Maik Schacht über Pflanzenwachstum in der Wüste und wie der Hilfsstoff Be-Grow Boost dabei helfen kann, Hungersnöte zu bekämpfen.
Herr Schacht, was bietet Ihr Unternehmen in Afrika an?
Unser Produkt Be-Grow Boost hilft Landwirten in trockenen Regionen, Ernteausfälle zu reduzieren und ihren Ertrag zu steigern. Be-Grow Boost ist ein Bodenhilfsstoff, der Wasser und Nährstoffe aus dem Boden anzieht, sie speichert und der Pflanze zur Verfügung stellt. Wir haben zwei Hauptproduktlinien: Eine für die Landwirtschaft und eine für Baumplantagen und Aufforstungsvorhaben. Das Produkt hat keinerlei schädlichen Auswirkungen auf Menschen, Tiere, Bodenbewohner oder Pflanzen.
Wie genau funktioniert Be-Grow?
Wenn Sie zum Beispiel eine Tomate pflanzen, fügen Sie einen halben Teelöffel unseres Produkts zusammen mit Dünger in das Erdloch, bevor Sie die Pflanze einsetzen. Be-Grow Boost sieht aus wie weißer Kristallzucker. Jeder Partikel ist wie ein Ballon, der sich aktiv mit Wasser und Nährstoffe aus der Umgebung füllt. Die Kristalle können das 150-fache ihres Ursprungsgewichts aufnehmen.
In Wüstenregionen verdunstet das Grundwasser vor allem nachts, wegen der extremen Temperaturunterschiede. Pflanzenwurzeln sind nicht in der Lage, mikrokleine Wasserpartikel aufzunehmen - Be-Grow Boost jedoch schon. Über den Tag ziehen sich die Pflanzen das gesammelte Wasser aus den Be-Grow Boost Partikeln, während sich nachts die "Ballons" wieder aufladen. Es entsteht ein Kreislauf, der positive Auswirkungen auf die Widerstandsfähigkeit, das Wachstum und den Ertrag der Pflanzen hat. Zudem verhindert er das Sterben der Pflanzen in Trockenperioden.
Stabilere Lieferketten zwischen Europa und Afrika
Warum haben Sie sich für den Markteintritt auf dem afrikanischen Kontinent entschieden?
Afrika ist der Kontinent, der am meisten vom Klimawandel und von Dürren betroffen ist. Aus diesem Grund haben wir nach der ersten Markteinführung in Europa direkt Afrika in den Blick genommen. Wir möchten unser Produkt möglichst vielen Landwirten und Kleinbauern auf dem Kontinent anbieten, um Ernteausfälle zu reduzieren. In Kenia und Südafrika sind wir bereits aktiv, in Marokko, Kamerun, Ghana und Uganda stehen wir kurz vor Markteintritt.
Gerade die Länder, die an die Sahara angrenzen, können viel Wert aus unserem Produkt schöpfen. Von zuverlässigen, ertragreichen Ernten profitiert aber auch Europa: Insbesondere die nordafrikanischen Märkte sind wichtige Lieferanten für frisches Gemüse, vor allem in den Wintermonaten. Fallen die Ernten dort aus, haben wir im Supermarkt keine frische Ware mehr.
Die Folgen des Krieges in der Ukraine sind in vielen Ländern Afrikas deutlich spürbar. Wirkt sich das auf Ihr Geschäft aus?
Die Nachfrage nach unserem Produkt ist grundsätzlich hoch und hat sich unabhängig von den Kriegsfolgen verstärkt. Die globalen Ernährungsprobleme sind aufgrund des Klimawandels innerhalb kurzer Zeit immens angestiegen. Die sich häufenden Starkregen, die unter anderem zu Überflutungen führen, haben gravierende Auswirkungen auf die Ernte der afrikanischen Länder.
Nachhaltige Geschäftsbeziehungen mit afrikanischen Partnern
Vor welchen Herausforderungen stehen Sie in Afrika?
Unsere größte Herausforderung ist es, vor Ort Vertrauen in unser Produkt aufzubauen. Immer wieder berichten lokale Partner, dass Firmen aus Asien in der Vergangenheit minderwertige Ware oder sogar gefährliche Abfälle als Düngemittel verkauft haben. Dadurch sind ganze Landstriche unfruchtbar geworden. Dementsprechend gibt es in vielen Ländern nun große Hürden zur Registrierung von Produkten. Diese zu überwinden, kostet viel Aufwand.
Eine weitere Herausforderung ist, dass wir ausschließlich mit lokalen Partnern vor Ort arbeiten wollen. Das war eine bewusste, aber ambitionierte Entscheidung auf Basis der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Wir garantieren so eine Partnerschaft auf Augenhöhe und stärken Firmen in dem jeweiligen Land. Jeder Kleinstbauer soll sich unser Produkt leisten können.
Wie finden Sie Partner vor Ort?
Uns hat das große Netzwerk der BASF sehr weitergeholfen. Auch LinkedIn ist für uns relevant, um Kontakte herzustellen. Zum Beispiel schrieb uns kürzlich jemand aus Nigeria an, der in Deutschland aktiv ist und sehr gute Kontakte zu landwirtschaftlichen Betrieben in Nigeria hat. Jetzt, zwei Monate später, sind wir im Geschäft.
Ideale Partner sind für uns landwirtschaftliche Vertriebsgesellschaften, die bereits Dünger an Kunden verkaufen. Solche Partner verstehen sofort den Nutzen aus einer Kombination von Dünger mit Be-Grow-Produkten und können uns leicht in den lokalen Markt einführen.
Unser nigerianischer Partner wird seine Verkaufsgewinne übrigens einem Projekt zur Ernährung von Waisenkindern in Nigeria stiften, das er bereits aktiv unterstützt. Wir freuen uns, wenn wir Partner mit einem ähnlich sinnstiftenden Ziel finden und darauf basierend langfristige Beziehungen aufbauen können.
Hatten Sie Unterstützung beim Markteintritt in Afrika?
Am Anfang unseres Vorhabens haben wir an mehreren Markterkundungsreisen vom Markterschließungsprogramm teilgenommen, die uns den Schritt nach Afrika immens erleichtert haben. Ein großer Vorteil war, dass wir uns mit den dort geknüpften Kontakten auch in Coronazeiten per Video austauschen konnten und nicht zwingend vor Ort sein mussten.
Der enge Austausch mit dem Wirtschaftsministerium in Rheinland-Pfalz und Frau Yilmaz von der IHK für Rheinhessen hat uns zusätzlich vorangebracht. So sind wir auf das IHK-Netzwerkbüro Afrika (INA) gestoßen, das uns zu den Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz beraten hat. Außerdem haben wir ein Dossier mit für uns relevanten Kontakten erhalten. Ich persönlich schätze zudem den Austausch mit Dr. Peter Riad, dem Branchenexperten des Wirtschaftsnetzwerks Afrika an der AHK Ägypten, und mit Alexa Gerrard von der AHK Südliches Afrika, sehr.
Weiterführende Informationen
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Das Interview führte Charlotte Rostek vom IHK-Netzwerkbüro Afrika im Mai 2022.