Arzt im Ernährungsberatungsgespräch mit Patienten
Auch in Afrika nehmen sogenannte Wohlstands- und Volkskrankheiten wie Adipositas, Diabetes oder Bluthochdruck zu. Bei der kurativen und präventiven Behandlung dieser Krankheiten spielt Ernährungsberatung vor allem für die wachsende Mittelklasse eine wichtige Rolle.
Metabolic Balance aus dem oberbayerischen Landkreis Erding hat über 25 Jahre Erfahrung in der Entwicklung und dem Vertrieb von Ernährungsplänen zur ganzheitlichen Stoffwechselregulation und ist mittlerweile in mehr als 40 Ländern weltweit vertreten. Das Unternehmen erstellt für seine Klienten mittels Software individuelle, auf medizinischen Daten basierende Stoffwechselprogramme. Sie sind die Grundlage für angepasste Ernährungspläne und eine individuelle therapeutische Betreuung.
Als Leiterin der Abteilung International Business Development bei Metabolic Balance Monaco und CEO von UNIC ME SARL, der offiziellen Repräsentanz von Metabolic Balance Maroc, gibt Silvia Mischler im Interview Einblick in die Aktivitäten des Unternehmens auf dem afrikanischen Kontinent. Sie beschreibt, wie sie den Markteintritt in Marokko anging und wie sie zwei Beratungsgutscheine des Wirtschaftsnetzwerks Afrika einsetzte.
Geschäftsreisen alleine reichen für erfolgreiche Marktbearbeitung nicht aus
Frau Mischler, wie wurde Ihr Interesse am Afrikageschäft und speziell an Marokko geweckt?
Ich liebe das Land und bin regelmäßig privat und dann auch als Teil meiner beruflichen internationalen Vernetzung nach Marokko gereist. Da ich bei Metabolic Balance Monaco auch für International Business Development zuständig bin, wusste ich, dass wir in Marokko noch keinen Lizenznehmer haben. Also bewarb ich mich beim Geschäftsinhaber von Metabolic Balance um die Lizenz für Marokko – und erhielt sie. Vor Ort habe ich eine eigene Firma, UNIC ME SARL, gegründet, die als Partner für Metabolic Balance Maroc fungiert.
Über welche Erfahrung auf dem afrikanischen Kontinent verfügte Ihr Unternehmen bereits vor dem Markteintritt in Marokko?
Auf dem afrikanischen Kontinent sind wir bereits in Ostafrika – unter anderem Kenia – und in Südafrika jeweils mit einem Länderlizenznehmer vertreten.
Wie schätzen Sie die Chancen Ihrer speziellen Branche im marokkanischen Markt ein?
In jedem Land gibt es Chancen, doch man muss immer zuerst Geld und Zeit investieren, um ein Netzwerk aufzubauen. Bei Metabolic Balance ist dieser Prozess relativ lang, da zuerst ein Arzt von unserem Produkt überzeugt werden und dieser dann an einer kostenpflichtigen Zertifizierung teilnehmen muss. Diese Auflage besteht weltweit, womit sichergestellt werden soll, dass das Niveau unseres Produkts gehalten wird.
Welche Erfahrungen mit Kunden vor Ort haben Sie bereits gemacht, und mit welchen Ergebnissen?
In den letzten zwölf Monaten habe ich vier Geschäftsreisen für jeweils zwei bis drei Wochen nach Marokko gemacht, und jetzt sind die ersten Fachärzte an Bord. Bei der nächsten Reise will ich mich in der Akquise auf Ärzte aus der Allgemeinmedizin konzentrieren, denen häufig das spezielle Know-how im Bereich der Ernährungswissenschaft fehlt.
Diese Geschäftsreisen können jedoch nur eine Übergangslösung sein, um sich zunächst im Zielland zu orientieren und die ersten Schritte beim Markteintritt zu machen. Erfolgreiche Marktbearbeitung erfordert unbedingt eine dauerhafte, verantwortliche Leitung vor Ort, als festen Ansprechpartner für das lokale Netzwerk von Kunden und Ärzten.
Der Beratungsgutschein öffnet Türen in Marokko
Welche Erfahrung haben Sie mit dem „Beratungsgutschein Afrika“ gemacht, wie genau haben Sie diesen eingesetzt?
Die Beratungsfirma, mit der wir bereits in anderen Ländern zusammengearbeitet haben, hat mich 2021 angesprochen und wegen meines Interesses an Marokko auf die Beratungsgutscheine des Wirtschaftsnetzwerks Afrika aufmerksam gemacht. Damals habe ich einen ersten Beratungsgutschein in Anspruch genommen und von der Beratungsfirma erste Marktinformationen zu Marokko erhalten, unter anderem Ärztelisten. Es gab allerdings noch Restriktionen aufgrund der Coronapandemie, sodass ich erst im Folgejahr diese Informationen nutzen konnte und dann auch einen zweiten Gutschein in Anspruch nahm.
Mir hat der Beratungsgutschein geholfen, in Marokko Fuß zu fassen und sozusagen einen „Kick-Start“ gegeben. Vor Ort organisierte mir der Mitarbeiter der Beratungsfirma in kurzer Zeit viele Termine. Sie führten zwar nicht unbedingt alle zu einem Erfolg, öffneten mir aber eine Tür in den Markt. Als nächsten Schritt habe ich ab 2024 die Teilnahme an Veranstaltungen ins Auge gefasst. Wichtig ist nach meiner Erfahrung immer, auch bei der Inanspruchnahme von Beratungsleistungen ganz klare Zielsetzungen zu geben.
Wie lange hat die Beratung in Ihrem Fall gedauert?
Die Beratung war von Anfang an sehr kompetent und effizient. Sie hat begonnen im September 2022, und meine Reise mit den zahlreichen Terminen vor Ort fand bereits Mitte Oktober statt.
Einen weiteren Beratungsgutschein würde ich gegebenenfalls für Veranstaltungen mit Ärzten zu den Themen Social Media-Auftritt (Influencer), Veranstaltungen, Networking und Marketing einsetzen.
Beim Marketing interkulturelle Aspekte berücksichtigen
Gibt es besondere Barrieren bei interkulturellen Fragen zu überwinden?
Bestimmt ist es nicht einfach, als Ausländerin in einem Land wie Marokko Fuß zu fassen. Zwar habe ich am Anfang bei männlichen Gesprächspartnern teilweise gewisse Vorbehalte beobachtet, doch grundsätzlich habe ich persönlich keine Probleme, mich in dem Land zu bewegen – nach meiner Erfahrung muss man als Frau eben selbstbewusst und angstfrei auftreten. Lokale Partner sind eine wichtige Hilfe beim Verständnis von kulturellen Unterschieden.
Wie berücksichtigen Sie interkulturelle Aspekte etwa auch bei Ihrer Marketingstrategie mit Werbung und Webdesign im jeweiligen Markt?
Gute Frage, im Marketing muss auf jeden Fall mit lokalen Spezialisten zusammengearbeitet werden. Ich habe bereits einen Kontakt zu einem Fotografen, der bei der Anpassung von Werbeunterlagen oder auch der Website helfen kann.
Und wie sieht es mit der Preisgestaltung aus, sind Anpassungsstrategien erforderlich?
Bei der Preisgestaltung habe ich als exklusive Lizenznehmerin von Metabolic Balance Maroc freie Hand – so etwa bei der erforderlichen, kostenpflichtigen Ausbildung von Ärzten für unser Produkt. Diese wird in Zukunft auch stärker online erfolgen, wenn wir über entsprechende Lehrvideos verfügen, und dann für die Teilnehmer preislich günstiger werden. Was die Kundenzielgruppe in einem Land wie Marokko angeht, so dürfte es vorwiegend die – wie überall in Afrika wachsende – Mittelklasse der Bevölkerung sein, die sich unser Produkt leisten kann.
Repräsentanz vor Ort als nächster Schritt
Welche nächsten Schritte planen Sie in Bezug auf das Afrikageschäft?
Der wichtigste Schritt wird in nächster Zeit die Etablierung einer lokalen Fachkraft sein. Ich habe glücklicherweise eine junge Marokkanerin aus Casablanca gefunden, die Ernährungswissenschaften studiert hat und nunmehr als Ernährungsberaterin eingesetzt werden kann. Sie wird derzeit an unserem Produkt ausgebildet und soll in Zukunft meine permanente Vertreterin vor Ort sein.
Wie gestalten Sie Ihre Vernetzung vor Ort?
Je öfter ich vor Ort bin, desto mehr Kontakte knüpfe ich. Daraus ergeben sich Kooperationsmöglichkeiten. Auch der in Frankreich für Metabolic Balance tätige Arzt, der mich bereits auf ein Seminar vor Ort begleitet hat, wäre bereit, bei einer Veranstaltung aktiv mitzumachen oder einen Vortrag zu halten.
Welche Empfehlungen und Tipps können Sie anderen Unternehmen mit auf den Weg geben?
Man braucht Zeit und Geduld, aber auch Unterstützung, wie ich sie von dem beratenden Unternehmen und Ihnen aus dem Wirtschaftsnetzwerk bekommen habe. Das war sehr wertvoll. Man muss genau wissen, wen man ansprechen will, und braucht Klarheit über den einzuschlagenden Weg bei der Markteinführung. Gleichzeitig ist Flexibilität wichtig: Das heißt, dass man bei jeder Reise dazu lernt und die Strategie entsprechend anpassen kann. Außerdem sind Durchhaltewille und Motivation unerlässlich beim Markteintritt.
Das Interview führte Inge Hackenbroch von der Geschäftsstelle Wirtschaftsnetzwerk Afrika im Juli 2023.
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