Einweisung von Mitarbeitern in die Bedienung einer Fawema-Verpackungsmaschine in Kenia.
Der Engländer Mark Wild verkauft seit neun Jahren Verpackungsmaschinen von Firmen der deutschen TPG-Gruppe in Afrika und dem Nahen Osten. Die Kunden verpacken damit hauptsächlich Mehl, aber auch Zucker, Tee und andere Nahrungsmittel sowie einige Nonfood-Erzeugnisse wie zum Beispiel Mörtel und Fliesenkleber.
Regionale Umsatzschwerpunkte der Gruppe mit ihren insgesamt rund 400 Mitarbeitern sind das südliche und östliche Afrika, mit Kenia und vor allem Südafrika als den wichtigsten Märkten. Über die Hälfte seiner Verkäufe tätigt TPG mit der Marke Fawema. Fast 25 Jahre lang arbeitete Wild für die direkte Konkurrenz, zwei italienische Firmen. Im Videochat erklärt er auch, was die Italiener anders machen.
Nachfrage für hochpreisige Maschinen auch in Afrika
Herr Wild, sie verkaufen teure deutsche Maschinen in Afrika. Geht das gut?
Aber sicher. Das sieht man schon an den großen Anlagen der Weizen- und Maismühlen, unserer wichtigsten Kundengruppe auf dem Kontinent. Marktführer in Afrika ist Bühler, das ist die Rolex der Branche aus der Schweiz. Wer in solch teure Mühlen investiert, will meist auch für die Verpackung des Mehls eine hochwertige Technik. Wenn dagegen bei einem potenziellen Kunden eine Mühle aus Indien oder China steht, investiere ich vielleicht nicht ganz so viel in meine Verkaufsanstrengungen.
Aber Billigkonkurrenz haben Sie schon auch?
Natürlich. Unsere wichtigsten Wettbewerber stammen aber aus Italien. An zweiter Stelle kommen Unternehmen aus der Türkei, wobei in letzter Zeit auch brasilianische Firmen stärker aufgetreten sind. Zum Rest zählen vor allem Anbieter aus Indien und China. Stark verallgemeinernd verkörpern diese drei Gruppen auch in etwa, absteigend, die Niveaus an Qualität und Preisen in unserem Markt. Wobei eine Spitzengruppe hinzukommt – zu diesen Premiumanbietern zählen wir uns selbst und andere Maschinenbauer aus Zentral- und Nordeuropa.
Wie schätzen Sie die Türken ein?
Das werden die neuen Italiener – in dem Sinne, dass sie gute Technik zu moderaten Preisen anbieten. Es ist ähnlich wie bei den Mühlen, wo vor 25 Jahren noch niemand etwas von einer Firma Alapala gehört hat. Inzwischen werden sie größer in Afrika, mit einem neuen Büro zum Beispiel in Kenia und erfolgreichen Projekten wie einer großen Mühle neulich in Somaliland.
Und die Chinesen?
Die kopieren in unserer Branche hauptsächlich italienische Maschinen und sind vor allem bei jenen Kunden stark, die italienische Technik ersetzen wollen. Und dort, wo sehr wenig Investitionskapital vorhanden ist. In Afrika gibt es nach meiner Kenntnis kaum chinesische Nahrungsmittelhersteller, wir haben jedenfalls noch nie an welche verkauft. Für chinesische Maschinenbauer fällt diese "natürliche" Kundschaft also weg.
In Kenia und anderen Ländern Ostafrikas geben oft indischstämmige Geschäftsleute den Ton an. Kaufen die auch indische Maschinen?
Im Gegenteil. Die wollen tunlichst etwas anderes. Diese Leute sind in der dritten oder vierten Generation im Land. Sie haben oft in Großbritannien oder in den USA studiert und wollen sich eher abheben von dem, was Indien bietet. Zudem kennen sie den Qualitätsunterschied.
Wie schlagen sich die Italiener?
Nachdem ich 23 Jahre lang italienische Verpackungsmaschinen in Afrika verkauft hatte, wechselte ich zur deutschen Konkurrenz und machte mir sofort Sorgen, angesichts der hohen Preise der Deutschen. Aber das war nicht nötig, es lief gut: Man ist eindeutig positioniert. Der Kunde weiß, dass er bei uns das beste Angebot bekommt. Die Italiener haben etwas an Terrain verloren: Sie tun sich schwer, die absolute Top-Qualität zu bringen, und geraten in Konkurrenz namentlich mit den Türken.
Deutsche Anbieter sollten generell versuchen, an der Spitze zu bleiben, auch wenn dies hohe Preise bedeutet: Mit Qualität, Technologie und Effizienz der Maschinen, aber auch mit einem guten und zuverlässigen Service.
Kunden finden und binden
Dann haben Sie bei denjenigen Kunden gute Karten, wo es um Effizienz und Zuverlässigkeit geht?
Genau. Es sind typischerweise Firmen mit hoher Ausbringungsmenge und einem langfristigen Geschäftsplan, für die unsere automatisierten Anlagen ab 300.000 US-Dollar interessant sind. Eine halbautomatische Maschine aus der Türkei ist schon für 50.000 US-Dollar zu haben, aber so etwas führen wir gar nicht im Programm.
Manchmal geht es aber auch um Reputation oder die langfristige Marktstellung. Für den Bau einer wichtigen Mühle in Südafrika suchte unser langjähriger Partner Bakhresa einen besonders zuverlässigen und leistungsfähigen Lieferanten. Bei diesem Leuchtturmprojekt sollte definitiv nichts schiefgehen. Wir bekamen den Auftrag, obwohl die Konkurrenz weniger teuer war.
Wer sind Ihre wichtigsten Kunden?
Mit Bezug auf Fawema sind das die nationalen Firmen in Privatbesitz, die üblicherweise den Bereich der Grundnahrungsmittel dominieren, so in Tansania, Uganda oder Mosambik. Die führen dann eine oder auch mal ein halbes Dutzend Mühlen in einem Land. Manchmal zusätzlich in anderen Ländern, so wie eben die tansanische Bakhresa in Südafrika.
Und internationale Multis wie Unilever oder Nestlé?
Sie betreiben keine Getreidemühlen, sondern verarbeiten deren Produkte weiter und sind insofern keine typischen Fawema-Kunden. Ohnehin entscheiden diese Unternehmen ihre Beschaffungen normalerweise am Konzernsitz oder in Einkaufsabteilungen außerhalb von Afrika. Unsere TPG-Partner Wolf und HDG sind bei vielen multinationalen Konzernen als "approved suppliers" gelistet und liefern somit Maschinen, von denen einige sicherlich auch nach Afrika gehen.
Kleine Kunden haben Sie gar nicht auf dem Schirm?
Da erlebt man manchmal Überraschungen. Ich besuchte nicht lange vor Corona eine kleine Firma, in der 50 Frauen von Hand Mehl abpackten – das ist so gar nicht unsere Zielgruppe. Trotzdem hatte ich denen kurz darauf eine Maschine für einen sehr attraktiven Preis verkauft. Der Mann überzeugte mich, und die Firma hat bestimmt das Potenzial zu wachsen und zu gedeihen.
Von den Italienern haben Sie aber sicherlich auch einiges gelernt?
Sie haben vor allem verstanden, dass der persönliche Kontakt in Afrika noch wichtiger ist als anderswo. Sie reisen sehr viel und pflegen Beziehungen, zumindest war das vor Corona der Fall. Ich bin bei meinen Besuchen in Afrika üblicherweise drei Wochen unterwegs, fange zum Beispiel in Sudan an, gehe weiter nach Kenia, Uganda, Tansania und Mosambik bis nach Südafrika. Inklusive der Wochenenden – da treffe ich Freunde, Partner oder Kunden im Yachtclub, oder verabrede mich zum Fußballschauen. Als Fan des FC Liverpool finde ich schnell Gleichgesinnte. Natürlich ist die Bundesliga nicht die Premier League, aber Bayern München & Co. haben auch in Afrika viele Anhänger. Afrika ist fußballverrückt.
Außer mehr zu reisen, sollten deutsche Verkäufer auch flexibler sein, stimmt´s?
Fawema hat eine einzige Preisliste für die ganze Welt. Der Verkäufer in den USA bietet die Anlage also für dieselben 300.000 Dollar an wie der in Uganda. Italienische Firmen arbeiten, je nach Geographie, schon mal mit sechs unterschiedlichen Preislisten.
Fühlen sich Kunden da nicht verschaukelt, wenn sie das mitkriegen?
Mit dem Internet heute ist so eine Politik natürlich heikler geworden. So oder so muss man aber flexibel verhandeln, man ist in Afrika auch ein Stück weit auf dem Basar. Der Deutsche kommt mit einer festen Summe im Kopf an, die er dem Partner zuvor womöglich noch per Mail im Detail mitgeteilt hat. Mit einem Spielraum von 5 oder höchstens 10 Prozent und der Haltung "take it or leave it". Der Türke oder Italiener ist viel unverbindlicher und steigt auch höher ein, um danach mehr "nachgeben" zu können. Natürlich besteht das Risiko, dass sich der – ohnehin teure – Deutsche durch einen weiteren Aufschlag gleich zu Beginn aus dem Rennen kegelt. Aber er muss eben seine Argumente platzieren, die Qualität und Effizienz seiner Maschinen. Oder den Service, den zum Beispiel wir mit unseren Niederlassungen in Südafrika und Kenia oder auch von Deutschland aus leisten.
Nicht jedes Land als Absatzmarkt geeignet
Warum verkaufen Sie im Westen Afrikas weniger als im Süden oder Osten?
Im östlichen oder südlichen Afrika füllen Mühlen ihr Mehl normalerweise in den haushaltsüblichen Größen ab, wofür unsere Fawema-Anlagen ausgelegt sind. In Westafrika hingegen verkaufen die Mühlen 50-Kilogramm-Säcke, wofür wir nichts Passendes bieten können. Zweitens sind die Verpackungen in Westafrika viel öfter aus Kunststoff. Fawema-Maschinen arbeiten nur mit Papierverpackungen, wie sie im östlichen oder südlichen Afrika am stärksten verbreitet sind. Das ist auch ein Grund für die Partnerschaft mit der Firma Wolf, deren Maschinen ausschließlich Kunststoffverpackungen verarbeiten.
Äthiopien gilt als vielversprechender Wachstumsmarkt. Wie ergeht es Ihnen dort?
Leider haben wir dort bisher erst drei Maschinen verkauft, an den führenden Teeverarbeiter des Landes. Ich bin über die ganzen Jahre bestimmt ein Dutzend Mal in Äthiopien gewesen, auf Messen, bei einer Markterkundungsreise aus Deutschland und natürlich bei potenziellen Kunden. Am Ende haben die aber immer woanders gekauft, bei den Türken, Italienern und Chinesen meistens. Einer etwa, der vor fünf Jahren eine halbautomatische türkische Maschine kaufte, wollte später, bei wachsendem Geschäft, auf bessere und leistungsfähigere Technik umsteigen – doch da tut sich nichts. Wir bleiben aber auch in Äthiopien dran, dafür ist der Markt einfach zu interessant. Und auch dort werden einmal vor allem effiziente Maschinen gefragt sein.
Was macht Äthiopien für Sie so schwierig?
Es geht dort ganz stark um den Preis. Die Kunden haben sehr wenig Mittel für Investitionen. Das liegt einmal am Devisenmangel, aber auch daran, dass die Regierung der Bevölkerung sehr niedrige Mehlpreise garantiert. Dies ist auch in Ländern wie Ägypten der Fall, aber die Auswirkungen sind dort nicht so extrem. Außerdem essen die Äthiopier relativ wenige Produkte aus Weizen oder Mais, auch wenn sich die Ernährungsgewohnheiten ändern. Zudem hemmt die Bürokratie. Obwohl man Investoren offiziell den roten Teppich ausrollt, gibt es immer wieder Staatsbedienstete, die das Geschäft behindern.
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Das Interview führte Ulrich Binkert von Germany Trade & Invest im Juni 2021.