Nicht nur die Empfängerländer profitieren von Projekten der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) – auch für deutsche Unternehmen ergeben sich Geschäftschancen. Denn die Entwicklungs- und Schwellenländer müssen die benötigten Leistungen ab bestimmten Schwellenwerten international ausschreiben. Auf diese Ausschreibungen können sich auch deutsche Firmen bewerben. Vor allem Beratungsunternehmen aus Deutschland tun dies bereits sehr erfolgreich.
Es gibt viele Unterstützungsangebote für deutsche Unternehmen, die in Entwicklungs- und Schwellenländern aktiv sind oder mit diesen handeln. Die deutsche Außenwirtschaftsförderung und EZ helfen etwa bei der Finanzierung von Projekten, bei der Ausbildung von Fachkräften, bei der Kontaktvermittlung oder ganz allgemein bei der Erschließung fremder Märkte.
Mit dem Entwicklungsinvestitionsfonds hat die Bundesregierung ein zusätzliches Instrumentarium speziell für Afrika geschaffen. Der Fonds besteht aus drei Komponenten:
- Wirtschaftsnetzwerk Afrika, das Unternehmen informiert und begleitet
- Darlehensprogramm ImpactConnect (ehemals AfricaConnect) für Investitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern
- Dachfonds AfricaGrow, der afrikanische Fonds finanziert, die wiederum kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups in Afrika finanzieren
Entwicklungszusammenarbeit kurz erklärt
Was ist Entwicklungszusammenarbeit (EZ)?
Wo kommt das Geld her?
Wo geht das Geld hin?
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Trends und Geschäftschancen in der Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika
Die Entwicklungs- und Schwellenländer schreiben vor allem Beratungsleistungen aus. Gefragt sind häufig Machbarkeits- oder Umweltstudien und die Ausarbeitung von Ausschreibungsunterlagen. Zudem werden etwa Analysen zu IT-Fragen, Prozessoptimierung sowie Bauplanung und -überwachung benötigt.
Gleichzeitig finanzieren internationale Geber in beträchtlichem Umfang Bau- und Lieferleistungen, sodass sich auch hier für Unternehmen Chancen in der EZ ergeben. Besonders viele Projekte und Ausschreibungen gibt es in den Branchen Wasser, Energie, Gesundheit und Bildung. Die Bedürfnisse der Länder sind allerdings so vielfältig, dass Unternehmen aus fast allen Branchen passende EZ-Ausschreibungen finden.
Die wichtigsten Empfänger von EZ in Afrika sind Ägypten, Äthiopien und Nigeria. Allein Ägypten erhielt 2022 etwa 6,9 Milliarden Euro an Official Development Assistance (ODA). Zu dieser Summe hinzu kommen die beträchtlichen Darlehen der Entwicklungsbanken. Generell gilt, dass Entwicklungs- und Schwellenländer mit höheren Einkommen auch mehr Entwicklungsprojekte durchführen. Etwas reichere Länder kommen besser an Kredite für ihre Projekte, da die Entwicklungsbanken dort eher mit ertragreichen Investitionen rechnen.
Eine ausführliche Analyse der Entwicklungszusammenarbeit mit Westafrika steht auf der Website von Germany Trade & Invest zur Verfügung.
So gewinnen deutsche Firmen Aufträge in Afrika
Der Einstieg ist leider nicht ganz unkompliziert, denn die Anforderungen sind sehr hoch. Interessierte Unternehmen müssen ihr Angebot sehr genau ausarbeiten, die Konkurrenz kennen und oft schon Erfahrung in der jeweiligen Region und mit dem jeweiligen Financier – also der Entwicklungsbank, den Vereinten Nationen oder der Europäischen Union – haben. Sinnvoll ist es daher, als Unterauftragnehmer eines erfahrenen Unternehmens oder im Konsortium mit anderen Firmen einzusteigen.
Doch der Markt ist riesig, insbesondere in Afrika: Der Kontinent erhielt 2022 ODA in Höhe von 75 Milliarden Euro. In manchen Branchen wie Wasser, Energie und Gesundheit resultieren so viele Aufträge aus Entwicklungsprojekten, dass Anbieter gut beraten sind, sich mit Entwicklungszusammenarbeit zu beschäftigen. Außerdem sichern die Geber die Zahlung ab, weshalb das finanzielle Risiko geringer ist als bei "normalen" Projekten – also auch für Mittelständler interessant. Nicht zuletzt erlauben langfristige Aufträge Planungssicherheit. Und wer einmal im Spiel ist, hat gute Chancen, weitere Aufträge zu gewinnen.
Andererseits kostet eine Bewerbung Geld und bindet Ressourcen. Ob sich der Aufwand lohnt, hängt vom eigenen Angebot und der Konkurrenz ab. Grundsätzlich gilt: Wer die EZ-finanzierten Ausschreibungen als eigenes Geschäftsfeld begreift und sich regelmäßig darauf bewirbt, hat Chancen, gut bezahlte und langfristige Aufträge zu erhalten. Wer sich nur vereinzelt und "nebenbei" mal auf diese Ausschreibungen bewerben kann oder möchte, wird es sehr schwer haben.
Germany Trade & Invest (GTAI) informiert tagesaktuell mit Projektfrühinformationen und Hinweisen auf Ausschreibungen über die vielfältigen Geschäftschancen in der internationalen Zusammenarbeit. Die kostenfreie Datenbank ist nach Land, Branche und Geber filterbar. |
Ausschreibungen: Qualität schlägt Preis bei Beratungsleistungen
Die Banken legen Wert auf ein transparentes Ausschreibungsverfahren. Hierfür gibt es verschiedene Modalitäten. Für Beratungsleistungen nutzen Banken häufig das Verfahren Quality and Cost Based Selection (QCBS). Dabei macht die Qualität der Leistung 80 Prozent der Bewertung aus, der Preis nur 20 Prozent.
Die Abgabe des Angebots erfolgt üblicherweise in zwei getrennten Umschlägen: einen mit dem technischen Angebot und einen mit dem finanziellen Angebot. So kann die ausschreibende Stelle erst das technische Angebot lesen und es unabhängig vom Preis bewerten. Die Angebotseröffnung findet – ebenfalls aus Transparenzgründen – meist öffentlich statt.
Wer den Zuschlag erhält, hängt stark von der Branche und der Art der Leistung ab. Bei Bauaufträgen sind oft die großen chinesischen Unternehmen erfolgreich. Sie können als einer der wenigen alle gefragten Leistungen erbringen und schlüsselfertige Projekte abliefern. Branchenkenner äußern zudem die Vermutung, dass die chinesischen Bauunternehmen staatlich subventioniert werden und so konkurrenzlos günstige Angebote machen können. In anderen Branchen sieht das anders aus. Im Wasserconsulting etwa sind deutsche Unternehmen stark. Sachsen Wasser, AHT, Dorsch, GOPA und Fichtner sind nur einige der deutschen Consultancies, die regelmäßig geberfinanzierte Aufträge im Wassersektor ausführen.
Der Prozess bei geberfinanzierten Projekten
Unternehmen brauchen Strategie und Ausdauer
Wer ins Geschäft mit den Entwicklungsbanken einsteigen möchte, braucht eine gute Vorbereitung und einen langen Atem. Zunächst sollte man sich über Strategien und Beschaffungsregularien der Geber informieren. Außerdem ist es sinnvoll, Kontakte zu Gebern und ausschreibenden Stellen zu knüpfen, um – im Rahmen der Regularien – früh von Projekten und Ausschreibungen zu erfahren und sich entsprechend platzieren zu können. Der Kontakt zu deutschen Unternehmen und zu Firmen im Zielland lohnt sich ebenfalls, da diese wertvolle Konsortialpartner sind. Die Ausschreibung selbst erfordert Zeit und Genauigkeit. Und wenn es doch nicht geklappt hat: am Ball bleiben! Wer es immer wieder probiert, steigert dank der gewonnenen Erfahrung seine Erfolgschancen.
Um einen Überblick über laufende Projekte und Ausschreibungen zu gewinnen, empfiehlt es sich, den kostenlosen GTAI-Benachrichtigungsservice Tenders & Projects Daily zu abonnieren. So bekommen Unternehmen zum einen ein Gefühl für den Markt: Welche Geber setzen welche Branchen- und Regionalschwerpunkte? Wie lang ist die Bewerbungsfrist normalerweise? Welche Projekte laufen gerade und wo könnte es zu Ausschreibungen kommen? Zum anderen sorgt der Benachrichtigungsservice dafür, dass man keine relevante Ausschreibung verpasst.
Aktualisiert im September 2024 / Autorin: Laura Sundermann, GTAI